Der Geschäftsführer und Head of Development der TechNurse GmbH im Interview für die Initiative „Der Junge Mittelstand“.
Nate Hovee, Adobe Stock
Einblicke in die Geschichte und das Wachstum der Al Faisal Holding, strategische Initiativen und Chancen für deutsche Unternehmen in Katar.
Das German Mittelstand GCC Office hatte die besondere Ehre, Sheikh Faisal Bin Qassim Al Thani während der letzten Delegationsreise des BVMW im März 2024, in den beeindruckenden Räumlichkeiten von Aamal Holding, einer der größten und bedeutendsten Tochtergesellschaften der Al Faisal Holding Group, zu besuchen. Dabei konnten wir von der außergewöhnlichen Gastfreundschaft und dem tiefen unternehmerischen Wissen seines Teams profitieren.
Sheikh Faisal, eine herausragende Persönlichkeit in der katarischen Unternehmenslandschaft, gibt uns in diesem Interview wertvolle Einblicke in die Geschichte und das Wachstum von Al Faisal Holding. Von den bescheidenen Anfängen als kleines Handelsunternehmen bis hin zur erfolgreichen Entwicklung zu einer diversifizierten Unternehmensgruppe, die die wirtschaftliche Transformation Katars entscheidend mitgeprägt hat, wird uns Sheikh Faisal mehr über seine unternehmerische Vision und die Bedeutung der deutsch-katarischen Zusammenarbeit erzählen. Al Faisal Holding repräsentiert den modernen, dynamischen Wirtschaftsansatz Katars und spiegelt gleichzeitig die traditionelle Geschäftsphilosophie wider, in der Innovation und Beständigkeit Hand in Hand gehen.
German Mittelstand GCC Office: Sheikh Faisal, können Sie bitte damit beginnen, uns über die Ursprünge und das Wachstum von Al Faisal Holding zu erzählen? Wie hat sich das Unternehmen von einem kleinen Handelsunternehmen zu einer vielfältigen Unternehmensgruppe entwickelt, und inwiefern spiegelt diese Reise die breitere wirtschaftliche Entwicklung Katars wider?
Sheikh Faisal Bin Qassim Al Thani: Al Faisal Holding wurde 1964 als kleines Unternehmen gegründet und hat sich parallel zum Wachstum und Wohlstand der katarischen Wirtschaft entwickelt. Dies gelang durch die Schaffung und den Ausbau eines gut koordinierten Portfolios diversifizierter, marktführender Unternehmen, das auf der Identifikation vielversprechender Initiativen und Chancen basiert. Gemeinsam mit einem Team erfahrener Führungskräfte konnte ich das vielfältige Unternehmensportfolio sowie den hervorragenden Ruf von Al Faisal Holding auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene erfolgreich etablieren.
Das breit gefächerte Geschäftsmodell von Al Faisal Holding umfasst acht Geschäftsfelder, in denen mehr als 50 Unternehmen aktiv sind. Diese Bereiche sind Immobilien, Gastgewerbe, Bauwesen, Projektmanagement, Dienstleistungen, Handel, Bildung, Kultur und Industrie. Neben ihrer Position als eines der führenden Unternehmen Katars spielt Al Faisal Holding auch eine entscheidende Rolle bei der Förderung des kulturellen Erbes Katars und der gesamten Region.
Welche bedeutenden Entwicklungen haben sich in den letzten Jahren in den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Katar und Deutschland ergeben, insbesondere hinsichtlich der Zusammenarbeit mit deutschen KMU?
Katar und Deutschland haben mehrere Wirtschaftsabkommen und Memoranden of Understanding (MoU) unterzeichnet, die Bereiche wie Industrie, Handel, Gesundheit, Kultur, Sport, Solarenergie, Zivilluftfahrt und Lufttransport abdecken. Darüber hinaus haben beide Länder ein gemeinsames Komitee für Handels- und technische Zusammenarbeit ins Leben gerufen, das bereits zahlreiche Sitzungen abgehalten hat. Im Mai wurde zudem ein MoU unterzeichnet, das einen strategischen Dialog zwischen Katar und Deutschland einführt und sich auf energiepolitische Fragen konzentriert. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Katar und Deutschland haben sich in den letzten sechs Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt, wobei Katar zu einem wichtigen Wirtschaftspartner Deutschlands in der Region geworden ist. Nach Großbritannien und Frankreich belegt Deutschland den dritten Platz bei der Anziehung katarischer Investitionen in Europa. Katar ist einer der größten ausländischen Investoren in Deutschland und hat rund 25 Milliarden Euro in Sektoren wie der Automobilindustrie, Kommunikation, Gastgewerbe, Bankwesen und anderen Bereichen investiert. Im September 2022 ging das katarische Handels- und Industrieministerium eine Partnerschaft mit dem deutschen Verband für kleine und mittelständische Unternehmen ein, um das erste Repräsentanzbüro dieser Art in der Golfregion zu eröffnen. Ziel dieser Partnerschaft ist es, die Präsenz deutscher Unternehmen in Katar zu stärken und fruchtbare Kooperationen zwischen den Wirtschaftssektoren beider Länder zu fördern.
Bei Al Faisal Holding pflegen wir seit den 1970er Jahren enge Beziehungen zu mehreren deutschen Unternehmen und arbeiten in verschiedenen Bereichen wie Pharmazie, Medizintechnik, Bauwesen und Gastgewerbe zusammen.
Basierend auf Ihrer umfangreichen Erfahrung: Welche spezifischen Sektoren im katarischen Markt erscheinen Ihnen besonders vielversprechend für deutsche KMUs und Start-ups, die eine Expansion anstreben?
Im katarischen Markt gibt es zahlreiche Sektoren, die für deutsche KMUs und Start-ups vielversprechend sind, die nach Expansionsmöglichkeiten und Partnerschaften mit katarischen Unternehmern suchen. Besonders hervorzuheben sind die Bereiche Digitalisierung und Informationstechnologie, da Katar in digitale Infrastruktur und Smart-City-Initiativen investiert, was die Nachfrage nach IKT-Lösungen und -Dienstleistungen erhöht. Deutsche Technologieunternehmen können in Bereichen wie Cybersicherheit, Softwareentwicklung und Telekommunikation ihr Fachwissen einbringen, ebenso in sämtlichen Bereichen, die sich mit sauberer Energie und Nachhaltigkeit befassen.
Darüber hinaus hat sich Katar kürzlich zu einem bedeutenden Zentrum für Veranstaltungen und Konferenzen entwickelt, was neue Chancen für Unternehmen bietet, die sich auf die Veranstaltungsorganisation spezialisiert haben. Auch der Gesundheitssektor bleibt ein vielversprechendes Feld für deutsche Unternehmen. Ergänzend dazu bieten der Bau- und Infrastruktursektor, der im Einklang mit umfassenden Entwicklungsinitiativen steht, zahlreiche Möglichkeiten für deutsche Firmen, die auf Bau, Ingenieurwesen und verwandte Dienstleistungen spezialisiert sind.
Ein weiterer vielversprechender Sektor für deutsche Investitionen in Katar ist das Gastgewerbe und der Tourismus. Katar entwickelt seine Tourismusbranche kontinuierlich weiter und plant den Bau neuer Hotels, Resorts und Freizeiteinrichtungen. Deutsche Unternehmen im Gastgewerbe können ihr Fachwissen in den Bereichen Hotelmanagement, touristische Dienstleistungen und Freizeitaktivitäten einbringen.
Durch die Fokussierung auf diese attraktiven Sektoren haben deutsche KMUs und Start-ups die Möglichkeit, die wachsenden Marktchancen in Katar zu nutzen und gleichzeitig die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zu stärken.
Welchen strategischen Rat würden Sie deutschen Unternehmen geben, die einen Markteintritt in Katar in Betracht ziehen, insbesondere in den Branchen, in denen Al Faisal Holding aktiv ist?
Einige wichtige Ratschläge, die ich deutschen Unternehmen geben würde, die einen Markteintritt in Katar erwägen, sind: Zunächst sollten sie den Markt gründlich analysieren, um die Geschäftsumgebung, die Marktbedürfnisse, kulturelle Unterschiede und das regulatorische Umfeld besser zu verstehen. Zudem ist es wichtig, sich mit lokalen Geschäftspraktiken, gesetzlichen Anforderungen und aktuellen Markttrends vertraut zu machen.
Ein weiterer Ratschlag wäre, spezifische Sektoren und Nischen im katarischen Markt zu identifizieren, die mit der Expertise sowie den Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens übereinstimmen. Potenzielle Investoren sollten gezielt nach Wachstumsbereichen, unerfüllten Bedürfnissen und Chancen für Innovation oder Diversifikation suchen.
Abschließend ist es entscheidend, den Fokus auf Qualität und Service zu legen. Eine Betonung der Produkt- oder Dienstleistungsqualität sowie ein exzellenter Kundenservice können im Markt entscheidende Vorteile verschaffen, da lokale Verbraucher Qualität, Zuverlässigkeit und persönliche Betreuung hochschätzen.
Ihr Engagement zur Förderung des katarischen Erbes durch das Sheikh Faisal Bin Qassim Al Thani Museum ist beeindruckend. Inwiefern sehen Sie darin eine Möglichkeit, den kulturellen Austausch zwischen Katar und Deutschland zu fördern?
Die im Museum ausgestellten Sammlungen beleuchten die gemeinsamen kulturellen Verbindungen, die Gemeinschaften in Südeuropa, Nordafrika, dem Nahen Osten und Südasien vereinen. In diesen Artefakten entdecken die Besucher das visuelle Geflecht unterschiedlicher Kulturen, deren beständige Traditionen und die humanitären Bindungen zwischen den Völkern.
Darüber hinaus legt unser bilateraler strategischer Dialog mit Deutschland einen starken Fokus auf die Förderung zwischenmenschlicher Interaktionen. Unser Ziel reicht über politische Themen hinaus und umfasst Bereiche wie Bildung, wissenschaftliche Zusammenarbeit und einen umfassenden Austausch in unseren Beziehungen zu Deutschland. Die Nutzung der renommierten deutschen Universitäten und des erstklassigen akademischen Umfelds in Doha bildet eine solide Grundlage für zukünftige Partnerschaften. Diese Kooperationen harmonieren hervorragend mit der nationalen Vision Katars 2030.
Angesichts des globalen Trends zu Innovation und Nachhaltigkeit, wie passt sich Al Faisal Holding diesen Entwicklungen an, und welche Chancen ergeben sich daraus für eine Zusammenarbeit mit deutschen Technologieunternehmen?
Al Faisal Holding verfolgt eine strategische Vision, die über herkömmliche Geschäftsziele hinausgeht und eine zentrale Rolle bei der Förderung nachhaltiger Entwicklung und sozialer Verantwortung spielt. Das Unternehmen betrachtet soziale Verantwortung als wesentlichen Bestandteil seiner Identität und bekräftigt sein Engagement, zur Schaffung stärkerer und nachhaltigerer Gemeinschaften beizutragen. Dies spiegelt sich in einer Vielzahl von Initiativen in den Schlüsselbereichen wider, in denen es tätig ist. Mit einem umfangreichen Investmentportfolio, das rund 50 Unternehmen umfasst – von Immobilien über Gastgewerbe bis hin zu Bildung und Fertigung – unterstreicht Al Faisal Holding sein Engagement für nachhaltige Entwicklung und soziale Verantwortung.
Ein herausragendes Beispiel ist der Al Faisal Bildungsfonds, der in Zusammenarbeit mit der Qatar University eingerichtet wurde und Förderungen für die Fakultät für Wirtschaft und Handel bietet. Die Studierenden können diesen Fonds nutzen, um in der Börse zu investieren, wodurch sie praktische Erfahrungen im Management realer Investitionen und Finanzportfolios sammeln können. Gleichzeitig leisten sie einen Beitrag zur Entwicklung des Finanzsektors in Katar und unterstützen die Ziele der wirtschaftlichen Vielfalt. Die Kooperation mit der Qatar University verdeutlicht die Bedeutung der Partnerschaft zwischen dem Privatsektor und Bildungseinrichtungen. Ebenso bemerkenswert ist unsere Vereinbarung mit der Carnegie Mellon University in Katar, die sich auf den Austausch von Fachwissen und Ressourcen im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung konzentriert. Diese Zusammenarbeit eröffnet neue Horizonte für Studierende und Forschende und stärkt Katars Position als Zentrum für wissenschaftliche und technologische Exzellenz.
Weitere Initiativen sind bei Ebn Sina Medical zu beobachten, das kontinuierlich Innovation und Effizienz anstrebt, beispielsweise durch die Installation eines Roboters in seinem Lager, der eine schnelle und präzise Handhabung von Medikamenten ermöglicht. Zudem war Ebn Sina Pharmacy die erste Apotheke in Katar, die das Konzept der Roboterapotheke umgesetzt hat.
Doha Cables bleibt seinem Engagement für nachhaltige Praktiken in der Kabelindustrie treu, indem es aktiv PVC-Materialien recycelt und wiederverwendet, die für die Isolierung und Ummantelung von Kabeln verwendet werden. Darüber hinaus hat das Unternehmen im vergangenen Jahr bleifreie Kabel eingeführt, was sein Engagement zur Reduzierung des Bleigehalts und zum Umweltschutz unterstreicht.
Auch andere Tochterunternehmen wie Aamal Readymix und Aamal Cement Industries setzen sich für das Recycling von Industrieabfällen und weitere Initiativen zur Verringerung von CO2-Emissionen ein.
Bei Al Faisal Holding erkennen wir die Bedeutung von Innovation als entscheidenden Faktor zur Erreichung von Nachhaltigkeit und zur Steigerung der Effizienz. Deutschland ist international für sein Engagement in Sachen Nachhaltigkeit und technologischen Fortschritt bekannt und hat sich als Zentrum für grüne Technologie-Startups etabliert, die die Zukunft der Innovation in diesem Bereich gestalten. Daher eröffnet unser Engagement für die neuesten technologischen Entwicklungen und Trends hervorragende Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit deutschen Startups.
Blick in die Zukunft: Welche strategischen Initiativen oder Projekte innerhalb von Al Faisal Holding interessieren Sie am meisten, insbesondere solche, die für deutsche Investoren von besonderem Interesse sein könnten?
Ich interessiere mich insbesondere für die Sektoren, in denen wir derzeit aktiv sind, bin jedoch auch offen für die Erkundung neuer Möglichkeiten, die unserem einzigartigen Geschäftsmodell und allen Stakeholdern einen Mehrwert bieten könnten. Als diversifizierte Unternehmensgruppe streben wir kontinuierlich nach Wachstum in unseren operativen Bereichen. Unser Fokus liegt auf der Hotelbranche, insbesondere durch die Al Rayyan Tourism Investment Company (ARTIC), die aktuell 35 Hotels im Nahen Osten, Nordafrika, Europa und den USA betreibt. Zudem sind wir stets auf der Suche nach Möglichkeiten zur Expansion in neue Bereiche wie Energie, IT und andere dynamische Sektoren.
Wie stellen Sie sich vor, langfristige, nachhaltige Beziehungen zu deutschen Partnern zu fördern, und was macht Ihrer Meinung nach einer erfolgreichen internationalen Zusammenarbeit aus?
Es ist uns wichtig, langfristige, nachhaltige Beziehungen zu deutschen Partnern zu fördern, die auf gegenseitigem Respekt, gemeinsamen Werten und einem Engagement für Exzellenz basieren. Wir legen großen Wert auf offene und transparente Kommunikation, Verständnis und Respekt für kulturelle Unterschiede sowie die Ausrichtung auf gemeinsame Ziele.
Ich bin fest davon überzeugt, dass erfolgreiche Partnerschaften auf Vertrauen, Respekt, Transparenz und einer gemeinsamen Vision beruhen, die eine solide Grundlage für jede Zusammenarbeit bieten. Unsere Unternehmensgruppe pflegt langfristige Partnerschaften mit mehreren marktführenden Marken wie Bridgestone sowie mit renommierten Hospitality-Betreibern wie Marriott, Hilton und Four Seasons, zusätzlich zu führenden medizinischen und pharmazeutischen Marken und vielen anderen.