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Würzburg, 18.06.2024 Lesezeit: 6 Minuten

Rückforderung Corona Wirtschaftshilfen

Kanzlei Steinbock & Partner gibt einen aktuellen Überblick und Einschätzung zum Schlussabrechnungspaket I + II

Autor: Nils Bergert, Rechtsanwalt

Hinweis: nachfolgender Text wurde uns mit freundlicher Genehmigung von RA Nils Bergert/Steinbock & Partner zur Verfügung gestellt. Den Originaltext finden Sie unter https://www.steinbock-partner.... auf der Webseite von Kanzlei Steinbock & Partner mbB, Domstraße 3, 97070 Würzburg.

Schlussabrechnungspaket I & II

Die Frist zur Einreichung der Schlussabrechnung in Folge der gestellten Anträge war zunächst auf Antrag der prüfenden Dritten bis zum 31.03.2024 verlängerbar. Im März gab es dann seitens der Bundessteuerberaterkammer das Drängen auf erneute Fristverlängerung, da die Bearbeitung aller Fälle für die Berufsangehörigen schlichtweg nicht darstellbar war. Diese wurde dann letztendlich auch bis zum 30.09.2024 gewährt.

Diese Frist gilt aktuell für die Einreichung der beiden Pakete der Schlussabrechnung. Eine hohe Anzahl der Schlussabrechnungspakete I wurde jedoch bereits eingereicht und so kommt es derzeit zu vielen Rückfragen und Rückforderungsbescheiden durch die zuständige Bewilligungsstelle.

Derzeit scheint es so, dass die Schlussabrechnungen Paket II in der Bearbeitungsreihenfolge der Bewilligungsstellen hintenanstehen. Dies kann sich zum einen jedoch jederzeit ändern, weiterhin stellen insbesondere für betroffene Unternehmen, die mehrere Überbrückungshilfen in Anspruch genommen haben, die Beurteilungen im Paket I regelmäßig vorgreiflich.

Beispielsweise muss bei einer Rückforderung hinsichtlich der Überbrückungshilfe III auch mit folgenden Rückforderungen für die Überbrückungshilfe III Plus und IV gerechnet werden. Die jetzigen Bescheide haben also eine hohe Bedeutung und es lohnt sich daher unter Umständen, bereits an dieser Stelle für das eigene Recht zu kämpfen.

Eine Einschätzung der Erfolgschancen kann stets nur für den konkreten Einzelfall erfolgen

Vorgehen der Bewilligungsstellen

Die jeweils zuständige Bewilligungsstelle scheint die Prüfung im Rahmen der Schlussabrechnung sehr genau zu nehmen. Auch nach der gemeinsamen Verständigung von Bundessteuerberaterkammer gemeinsam mit Bund und Ländern werden hier nach wie vor zahlreiche Nachfragen gestellt und intensiv nachgehakt. Der ursprüngliche Zweck der Rückforderung war es, mögliche Betrugsfälle zu verhindern und sicherzustellen, dass die Wirtschaftshilfen korrekt eingesetzt wurden. Die Bewilligungsstellen prüfen daher genau, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfen erfüllt wurden und ob die angegebenen Umsätze und Fixkosten korrekt sind.

Der ursprüngliche Zweck zum Abgleich von prognostizierten Umsatzrückgängen mit den tatsächlichen Entwicklungen rückt dabei gegenüber einer umfänglichen Überprüfung auch rechtlicher Beurteilungen fast in den Hintergrund. Es kommt immer wieder vor, dass Unternehmen oder Selbstständige Rückforderungsbescheide erhalten, in denen ihnen vorgeworfen wird, die Wirtschaftshilfen zu Unrecht erhalten oder falsche Angaben gemacht zu haben. In solchen Fällen ist es wichtig, schnell zu handeln und rechtliche Schritte einzuleiten, um die eigenen Interessen zu verteidigen.

Rechtliche Problemstellungen

Die rechtlichen Fragestellungen sind vielfältig und individuell, wobei sich immer wieder bestimmte Muster in den Fällen abzeichnen. Einige Punkte stehen immer wieder im Mittelpunkt der Nachfragen durch die zuständige Bewilligungsstelle und sind daher von besonderer Relevanz. Es gibt hierzu bereits eine Vielzahl von Verwaltungsgerichtsverfahren, während es bisher kaum gerichtliche Entscheidungen gibt, die eine Klarheit schaffen. Die Ausgänge der Verfahren und die daraus resultierende Beurteilung der Rechtsfragen ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. Es gibt jedoch gute Argumente, warum die strenge Vorgehensweise der Bewilligungsstellen nicht korrekt ist und somit die Rückforderungen – jedenfalls teilweise – unberechtigt sind.

Coronabedingter Umsatzrückgang

Am häufigsten wird durch die zuständige Bewilligungsstelle in Problemfällen angezweifelt, dass ein coronabedingter Umsatzrückgang vorliegt. Die Bewilligungsstellen argumentieren hier in der Regel mit der Branchenzugehörigkeit des Antragstellers. Es wird hierbei lediglich betrachte, ob die im Antrag angegebene Branche in den Schließungsanordnungen im Förderzeitraum aufgeführt ist.

Für die individuelle Betroffenheit werden dann Nachfragen gestellt. Jedoch ist zu beobachten, dass auch bei ausführlichen Darlegungen der Unternehmer die Bewilligungsstellen nur in den seltensten Fällen eine individuelle Betroffenheit aufgrund der Erläuterungen akzeptieren.

Gleiches gilt für die Frage der „indirekten Betroffenheit“. Die Förderbedingungen sahen hier vor, dass eine solche besteht, wenn die Geschäftspartner und Kunden des Antragstellers unmittelbar von den Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie betroffen waren. Auch hier lehnten die Bewilligungsstellen eine solche regelmäßig ab oder fordern einen Umfang an Unterlagen zum Nachweis, der für die betroffenen Unternehmen nicht aufbringbar ist.

Fixkostenpositionen

Regelmäßig entsteht auch Streit hinsichtlich einzelner Fixkostenpositionen. Hier wird von der Bewilligungsstelle dann die Angemessenheit oder Notwendigkeit bestritten. In diesen Fällen ist eine individuelle Prüfung der einzelnen Kostenposition notwendig.

Wichtig ist es hier, ausführlich darzulegen, warum entsprechende Maßnahmen getroffen wurde und warum gerade diese notwendig war, um den Geschäftsbetrieb in Zeiten der Corona Pandemie aufrecht zu erhalten.

Familiärer Verbund

Ein weiterer großer Streitpunkt ist das Thema Familienverbund. Es handelt sich hier um eine komplexe rechtliche Thematik mit Bezügen zum Europarecht. Die Bewilligungsstellen wenden hierbei eine extrem weite Definition des Familienverbundes an, welche nach unserer Auffassung nicht mit den europarechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen ist.

Problematisch ist hierbei, dass sich bereits die deutsche Übersetzung des dazugehörigen Leitfadens der europäischen Union von den anderen Sprachversionen begrifflich unterscheidet und so Fehlinterpretationen entstehen.

Gleichzeitig wurde im Zuge von entsprechenden Verhandlungen eine Ausnahme für Schaustellerfamilien kommuniziert. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz verschafft damit einer einzelnen Berufsgruppe eine Sonderstellung, was nach unserer Auffassung nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetztes vereinbar ist. Für eine diesbezügliche Rechtfertigung müsste es sachliche Argumente und Anhaltspunkte geben, die eine abweichende Behandlung von Schaustellerfamilien begründen.

Ausführliche Tatsachendarstellung im Verwaltungsverfahren notwendig

Prozessual ist es unbedingt notwendig, dass ein umfassender Tatsachenvortrag bereits im Verwaltungsverfahren erfolgt. Ein nachträgliches Vorbringen im Prozess vor dem Verwaltungsgericht kann in vielen Fällen nicht mehr berücksichtigungsfähig sein. So können zwar rechtliche Argumentationen noch ergänzt werden, es muss jedoch bereits im Verwaltungsverfahren die ausführliche Darstellung des Sachverhalts beispielsweise für die Corona-Bedingtheit des Umsatzrückgangs mit detaillierter Beschreibung der Tätigkeit des Unternehmens und den konkreten Auswirkungen der Beschränkungen aufgrund der Corona-Verordnungen erfolgt sein.

In Bundesländern, in denen noch das Widerspruchsverfahren gegen einen Rückforderungsbescheid vorgesehen ist, kann im Rahmen dieses Widerspruchs noch ein ergänzender Vortrag erfolgen. In vielen Bundesländern wurde dieses jedoch stark eingeschränkt oder abgeschafft, sodass regelmäßig unmittelbar Klage gegen einen Bescheid zu erheben ist. Gerade hier ist es dann unbedingt notwendig, dass rechtzeitig vor Erlass des Bescheides alles Aspekte des Sachverhalts ausführlich und hinreichend dargestellt wurden.

Beratung und Vertretung durch erfahrene Anwälte

Wir bei Steinbock & Partner sind der Meinung, dass die Wirtschaftshilfen nur im zulässigen Rahmen zurückgefordert werden dürfen. Die offenen Rechtsfragen und die strenge Herangehensweise der Bewilligungsstellen führen zu vielen existenzbedrohlichen Rückforderungen für diverse Betriebe. Daher prüft unser erfahrenes Team gerne für Ihren individuellen Fall, ob eine Rückzahlungspflicht besteht und unterstützt Sie, Ihre Rechte durchzusetzen und eine Rückzahlung nach Möglichkeit abzuwenden.

Wir beraten Sie gerne und unterstützen Sie im Verfahren gegenüber Bewilligungsstellen und vor Verwaltungsgerichten, um sich gegen unberechtigte Rückforderungen zur Wehr zu setzen. Wenden Sie sich mit Ihrer Anfrage über unser Online Formular an uns oder richten Sie diese per Mail an info@steinbock-partner.de

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