EVALAG-Tagung
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Der Fachkräftemangel ist eines der größten Probleme für die Zukunft mittelständischer Unternehmen. Bereits jetzt ist die Lücke eklatant und soll sich in den nächsten Jahren...
...noch vergrößern. Doch es scheint, als ob die Bundesregierung begriffen hat, dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Aktuell fehlen laut Berechnung jedes Jahr rund 400.000 Fachkräfte in Deutschland. Die Gründe dafür sind hauptsächlich auf den demographischen Wandel zurückzuführen, was gleichzeitig auch das Problem für die Lösung darstellt. Deutschland kann den Mangel nicht aus der eigenen Bevölkerung decken. Daher muss jetzt auch im Ausland nach Fachkräften gesucht werden.
Um den Fachkräftemangel einzudämmen, plant die Bundesregierung eine Anpassung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG). Dazu wurde am 30.11.2022 ein Eckpunktepapier beschlossen. Dieses sieht vor allem Erleichterungen bei der Einreise für noch nicht ausreichend qualifizierte Kräfte vor. Das bedeutet konkret, dass jetzt Arbeitgeber mitentscheiden dürfen, ob eine Qualifikation ausreichend für den entsprechenden Job ist. Auch soll es den Fachkräften, die keine oder nur unvollständige Unterlagen zu ihrer Qualifikation vorlegen können, einfacher gemacht werden, einzureisen und die entsprechenden Kompetenzen dann in Deutschland nachzuweisen. Der zweite Hauptpunkt ist eine stärkere Anerkennung von Berufserfahrung. Fachkräften, deren Abschluss formal in Deutschland noch nicht anerkannt ist, die aber mindestens zwei Jahre Berufserfahrung nachweisen können, soll der Aufenthalt erleichtert werden. Weiter soll auch Arbeitskräften mit entsprechendem Potenzial der Aufenthalt zur Arbeitssuche erleichtert werden. Dafür ist die viel diskutierte Chancenkarte gedacht. Als Kriterien werden im Eckpunktepapier Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter genannt.
Um aber überhaupt mehr Fachkräfte gewinnen zu können, soll Deutschland als Einwanderungsland attraktiver gemacht werden. Der Schwerpunkt soll dabei auf der internationalen Stellenausschreibung und der Vermittlung zwischen Fachkraft und Arbeitgeber liegen. Besonders die Plattform „Make it in Germany“ soll dabei stärker genutzt werden.
Besonders bei der Energiewende ist das Thema Fachkräftemangel dringend. Um die bis 2045 angepeilte Klimaneutralität zu erreichen, braucht es vor allem erneuerbare Energien. Hier fehlten jedoch laut einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftemangel (KOFA) schon 2021/2022 mehr als 216.000 Fachkräfte. Besonders mangelt es an Elektro-Fachkräften. Verstärkt wird dieses Problem noch dadurch, dass die Fachkräfte aus Berufsfeldern stammen, die nicht nur in der Solar- und Windenergie angesiedelt sind, sondern auch in anderen Branchen wie zum Beispiel dem Baugewerbe fehlen. Diese Lücke kann laut Studie auch nicht über Arbeitslose gefüllt werden, da es schlicht keine entsprechend qualifizierten Arbeitslosen in Deutschland gibt. Hier gilt es also, vorhandene Arbeitskräfte weiter- und fortzubilden und weitere aus dem Ausland zu holen.
Dass Beschäftigte weitergebildet werden, soll laut Bundesregierung ab nächstem Jahr auch verstärkt passieren. Arbeitsminister Heil hatte bereits im September 2022 eine Vorlage für ein Gesetz zur Weiterbildung angekündigt. Diese sieht eine öffentlich geförderte Bildungszeit- und Bildungsteilzeit vor. Wann das Gesetz kommt, ist allerdings noch offen. Der Gesetzesvorschlag basiert auf einem Vorstoß der EU in Richtung sozialeres Europa. Die EU-2030-Strategie sieht vor, dass bis 2030 in der EU jährlich 60 Prozent aller Erwachsenen an einer Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen sollen. Deutschland soll unter diesem Ziel seine Quote von aktuell 60 Prozent auf 65 Prozent anheben.
Marie-Theres Husken
Stellvertretende Leiterin Volkswirtschaft, Referentin Energie, Nachhaltigkeit, Mobilität und Logistik