So war das 1. Inspiration-Breakfast Starnberg/Ammersee & Friends bei 1000 Satellites in Gilching
Bewusstsein für bisherige Mängel bei der Umsetzung der Digitalisierung scheint vorhanden, die unterschiedlichen Vorhaben überzeugen, doch die Strategie ist nicht völlig durchdacht.
Mit großzügig angesetzten Zahlen will das Bundesgesundheitsministerium und allen voran Prof. Lauterbach nun sozusagen digitale Nägel mit Köpfen machen. Die Digitalisierungsstrategie, die Anfang März veröffentlicht wurde, legt den Fokus nun (erneut) auf die elektronische Patientenakte, das digitale Medikationsmanagement, die Telemedizin und das E-Rezept. Bis 2025 sollen 80% der gesetzlich Versicherten über eine ePA verfügen. Bis 2026 soll es in 60% der hausärztlich unterversorgten Regionen Anlaufstellen für assistierte Telemedizin geben. Insgesamt soll im Jahr 2026 80% der Kommunikation im Gesundheits- und Pflegewesen papierlos erfolgen.
Begrifflich lässt das Bundesministerium für Gesundheit eine Weiterentwicklung erkennen. Aus der ePA soll nun eine Gesundheitsplattform werden. Diese dient der Vernetzung der an der Versorgung Beteiligten. Ziel ist die Verbesserung der Prävention, der Diagnostik, der Therapie sowie der pflegerischen Versorgung. Damit ändert sich für den gesetzlich Versicherten und die Akteure im Gesundheitswesen zunächst allerdings nichts. Eine solche Vernetzung war bereits mit Einführung der Telematikinfrastruktur angedacht. Diese Ziele bestehen unverändert seit jeher.
Auch der Ansatz zur Etablierung effizienter Prozesse unter Einbeziehung der Leistungserbringer und der Versicherten sowie zur Steigerung derer digitalen Gesundheitskompetenz sind bekannt. Besondere Zuversicht für eine tatsächliche Umsetzung schenkt der strikte Zeitplan sowie das Opt-Out Verfahren bei der ePA. So sollen noch dieses Jahr beispielsweise Messenger-Dienste zwischen Leistungserbringern eingeführt werden.
Schließlich bleiben trotz aller Bestrebungen, eine allumfassende Digitalisierungsstrategie zu entwickeln, weiterhin wesentliche Akteure des deutschen Gesundheitswesens aus nur schwerlich nachvollziehbaren Gründen auf der Strecke. Betriebsärzte sind beispielsweise selbst dafür verantwortlich, an die Telematikinfrastruktur angebunden zu werden. Auf konzeptionelle und rechtliche Ungereimtheiten wurde diesbezüglich schon vermehrt hingewiesen. Die nötigen Konsequenzen stehen noch aus. Eine Vernetzung aller an der Versorgung Beteiligten sieht anders aus.
Von großem Interesse ist die Auslobung von Möglichkeiten zum Zugriff auf verständliche Gesundheitsinformationen oder die Zurverfügungstellung von bedarfsgerechten, krankheitsorientierten Teilansichten. Versicherte sollen damit verstärkt gesundheitliche Eigenverantwortung übernehmen können. Wie dies umgesetzt werden soll, geht aus dem Strategiepapier derzeit nicht hervor. Eine entsprechende Verpflichtung müsste zu Lasten derjenigen gehen, die Informationen zur Verfügung stellen. Damit steigt der personelle und finanzielle Aufwand für die Leistungserbringer – Tatsachen, die eigentlich vermieden werden soll.
In Ergänzung zur intrinsischen Zweckbestimmung sollen die zusätzlich gewonnen Datenmengen der Forschung oder einer Künstlichen Intelligenz zur Auswertung zur Verfügung gestellt werden. Abgesehen einer weiterhin bestehenden datenschutzrechtlichen Problematik stellen sich aufgrund der Datenhoheit des Versicherten oder der uneinheitlichen Art der Datenerhebung Fragen zur Datenqualität. So können KI-Entscheidungen bei fehlender Zurverfügungstellung von Daten durch den Versicherten nicht alle Aspekte berücksichtigen. Forschungsdaten sind damit womöglich unvollständig. Auch technische Fragen bleiben unbeantwortet: Eignen sich bereits auf dem Markt befindliche Geräte zur Erfassung der erforderlichen Daten in der gewünschten Qualität? Je nach Verwendung – der Kreis der Berechtigten ist weiterhin unklar – sind die gesammelten Daten womöglich zur Nutzung gar nicht geeignet.