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Yunus Tuğ, Unsplash
BVMW-Beirat Gesundheit warnt vor Gefährdung der medizinischen Nahversorgung, einem Apothekensterben und diskutiert über die Wiedereinführung der Praxisgebühr
Pressemitteilung Nr. 33/2023
Der Beirat Gesundheit des Bundesverbandes Der Mittelstand. BVMW warnt vor akutem Handlungsbedarf bei der Finanzierungsreform der gesetzlichen Krankenkassen, der Reform der Pflegeversicherung und auch der Krankenhausreform. Hier sei das Bundesministerium für Gesundheit gefordert. „Ein Großteil der Bevölkerung ist sich der Dramatik der Situation im Gesundheitswesen nicht bewusst“, sagt Dr. Hans-Ulrich Holtherm von der Sanitätsakademie der Bundeswehr. Bei der Reform der gesetzlichen Krankenkassen steige die Finanzierungslücke der Kassen immer weiter, so der Beirat Gesundheit. Eine Umsetzung der Finanzierungsreform erscheine in dieser Legislaturperiode immer unwahrscheinlicher.
Trotz der angespannten Situation und zweistelligen Inflationsraten stagnierte das von der Ampelkoalition und Finanzminister Lindner beschlossene Budget für das Gesundheitsministerium auf Vor-Corona-Niveau. Der BVMW-Beirat hat den Eindruck, dass der Umfang der Probleme im Gesundheitswesen noch nicht vollständig bei der Politik angekommen sei.
Professor Alexander Ehlers, Sprecher des Beirat Gesundheit, sagt: „Mit Blick auf die Inflation und die Mehrbelastungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss das Ziel der Politik sein, die 40-Prozent-Grenze bei den Sozialabgaben wieder einzuhalten. Von einer weiteren Erhöhung der Beiträge ist dringend abzuraten.“
Laut Daniel Bahr, Mitglied des Vorstands der Allianz Private Krankenversicherungs AG, sei es höchste Zeit darüber zu diskutieren, welche Leistungen gesetzliche Krankenversicherungen in Zukunft leisten müssten.
„Wenn die Schuldenbremse eingehalten werden soll, kann der Staat nicht wie bisher die Kassen mit jährlichen Zuschüssen stabilisieren", so Bahr. Folgerichtig müssten entweder Leistungen gekürzt oder die Eigenbeteiligung der Versicherten erhöht werden. Dann stünde auch die Wiedereinführung der Praxisgebühr zur Debatte.
Professor Michael Popp, CEO der Bionorica Arzneimittel GmbH, bemängelte, dass nahezu keine Wirkstoff- und Antibiotikaherstellung in Deutschland mehr stattfinde. Vor allem mit Hinblick auf globale Krisen und angespannte Lieferketten, führe dies, so der Beirat, zu immer mehr Versorgungsengpässen.
Als Beispiel nennt Gabriele Regina Overwienning, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Lieferengpässe etwa bei Fiebermitteln, bei denen die Apotheker:innen den Unmut der Betroffenen zu spüren bekommen. Auch das Konzept der Apotheke als Versorger in der Fläche ist bedroht.
„Momentan macht der durchschnittliche Apotheker mit jedem Verkauf eines verschreibungspflichtigen Medikaments einen Verlust von 27 Cent", sagt Overwienning. Existenzfähig hielten sich diese Apotheken nur noch durch den Verkauf von nichtverschreibungspflichtigen Medikamenten. „Das kann nicht nachhaltig sein und führt über kurz oder lang zum Apothekensterben.“