Handshake, EU-Flagge

motortion, Adobe Stock

12. Europa und International

Die EU ist der größte gemeinsame Markt der Welt und Garant für Frieden und Stabilität. Die Mitgliedsstaaten teilen gemeinsame Werte und die Freiheiten des Binnenmarkts.

Die Europäische Union ist der größte gemeinsame Markt der Welt und Garant für Frieden und Stabilität in Europa. Die Mitgliedsstaaten teilen gemeinsame Werte und die Freiheiten des Binnenmarkts. Allerdings vereinnahmen Landespolitiker:innen die Vorteile der EU für sich, während unerwünschte Entwicklungen einseitig der EU angelastet werden. Dies ist kontraproduktiv für das Ansehen der EU und untergräbt mithin die demokratische Entwicklung des Staatenbundes.

Der Green Deal und die darin enthaltene Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit sollten überarbeitet und mit einem Industrial Deal im Grundsatzprogramm der EU-Kommission ergänzt werden. Alle Dimensionen der Nachhaltigkeit – die ökologische, die soziale und die ökonomische – müssen dabei im Blick behalten werden.

Thomas Keiser | Geschäftsführer Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e.V.

Unsere Forderungen

Wertegemeinschaft in den Vordergrund stellen

Gemeinsame europäische Werte und europäische Themen müssen stärker nach innen und außen kommuniziert werden. Die stärkere Darstellung von Erfolgen und Leistungen schafft Vertrauen und Akzeptanz. Ein wichtiger Baustein für die Weiterentwicklung der EU ist die Schaffung einer echten Europäischen Verteidigungs- und Sicherheitsunion.

EU – Perspektive Mittelstand

Der Mittelstand als Grundpfeiler der europäischen Wirtschaft muss bei allen europäischen Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt werden. Dazu gehören auch die Überarbeitung der EU-Definition für kleine und mittlere Unternehmen, die stärkere Orientierung des EU-Haushalts auf Forschung und Entwicklung, eine stärkere Unterstützung durch die Europäische Investitionsbank und eine Vereinfachung von Förderprogrammen.

Europäische Steueroasen verhindern

Steuerpraktiken von international agierenden Großkonzernen müssen verhindert werden. Diese verlegen ihren Hauptsitz häufig in Länder mit dem günstigsten Steuerrecht. Dadurch entsteht vielen deutschen Unternehmen ein Nachteil, weil ihnen solche Gestaltungsmöglichkeiten fehlen. Um einen Standortnachteil zu vermeiden, müssen sich die europäischen Staaten untereinander besser austauschen und eine einheitliche Steuerpolitik entwickeln.

Patente schützen die Innovationskraft des Mittelstands

Das Patentwesen muss die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft des deutschen und europäischen Mittelstands schützen, auch gegen Bedrohungen aus einer überbordenden Patentflut. Daher begrüßen wir die Einführung einer europäischen Patentgerichtsbarkeit, die gleichzeitig über Verletzungen und Validität von Patenten urteilt. Angesichts von Verurteilungen im bestehenden Deutschen Rechtssystem auf Basis vermeintlich verletzter, später zu oft als nicht valide erkannter Patente, müssen Verletzungsurteile als Regelfall ausgesetzt werden oder es muss durch ein technisch besetztes Verletzungsgericht auch eine Patent-Überprüfung stattfinden.

Europa ist für unseren deutschen Mittelstand von entscheidender Bedeutung als Wirkungsfeld und als Werteunion.

Dr. Heiner Flocke | Vorstand Patentverein

Harmonisierung und Normung

Ohne die Einbindung in die fortschreitende Harmonisierung grundlegender Normen, ist der Zugang zu europäischen und internationalen Märkten bedroht. Deshalb ist die Schaffung von gemeinsamen Normen und die Harmonisierung von daten- und technischen Standards eine Priorität der Europäischen Union. Zunehmend schaffen nationale und europäische Gesetze den Rahmen, überlassen es den Wirtschaftsbeteiligten die notwendigen technischen und regulatorischen Standards in nationaler und europäischer Normung zu schaffen. Die Beteiligung an der Normung ist zu fördern und in finanzieller und organisatorischer Sicht zu unterstützen und für Mittelständler zu ermöglichen.

Deutschland und Europa müssen ihre gemeinsamen Anstrengungen grundlegend darauf konzentrieren, die Innovationslücken zu den USA und zu China zu schließen, insbesondere bei Spitzentechnologien und Grundlagen der Digitalisierung. Unsere Schwächen zeigen sich in der Gestaltung der neuen Geschäftsmodelle. In der grenzüberschreitenden Zustellung, vor allem dem Import von Warensendungen nach Deutschland und in die EU, zeigt sich ein ähnliches Bild.

Deutschland fällt in der Gestaltung des modernen Handels zurück

Die Evolution der Zustellung auf der letzten Meile wird von S/O Asien bestimmt Seit dem Grünbuch der EU zur Öffnung und Liberalisierung der Postmärkte 1992 führte die EU die weltweite technische und datentechnische Normung der Post-, Kurier-, Express- und Paketzustelldienste an. Mit der zunehmenden datenoptimierten Warenzustellung, die sich aus S/O Asien verändert, ändert sich auch die Marktgestaltung. Heute spüren führende europäische Post- und Paketzustelldienste die Auswirkungen dieser veränderten Marktmacht. Zudem steigt die Zahl der Sendungen, die in der Marktdisposition der S/O asiatischen Versender liegen. Führende Anbieter weltweit für unbeaufsichtigte Abgabesysteme, neue logistische Lösungen bei elektrischen Zustellfahrzeugen (inkl. Flottenmanagement, digitaler Routenplanung und Fahrzeugbefüllung) kommen heute aus S/O Asien.

Was ist zu tun?

Der aktuelle „Draghi-Bericht" bringt es auf den Punkt: „Das Problem ist nicht, dass es Europa an Ideen oder Ambitionen mangelt. Innovationen werden auf der nächsten Stufe blockiert: Wir schaffen es nicht, Innovationen in die Kommerzialisierung umzusetzen, und innovative Unternehmen, die in Europa expandieren wollen, werden auf jeder Stufe durch inkonsistente und restriktive Vorschriften behindert.“ Im Klartext: Deutschland & Europa müssen die Grundlagen schaffen, um auf gleicher Augenhöhe mit unseren Handelspartnern zu interagieren. Dazu gehören insbesondere die notwendigen zentralisierten Systeme. Wir sollten künftig nicht alles glauben müssen, was zu uns gesandt wird.

Marktmacht braucht Kontrolle

Die grundlegend unterschiedlichen Datensphären und Sicherungen bieten genügend Ansatzpunkte. Zentrale Systeme für die Einfuhr von Warensendungen in die EU müssen rasch aufgebaut werden, um den zentralisierten Systemen aus S/O Asien und Nordamerika notwendige Schnittstellen zu bieten. Nur dann ist auch die gesetzliche und regulatorische Kontrolle möglich. Ähnlich wie unsere Handelspartner aus S/O Asien und Nordamerika in den letzten 20 Jahren von uns gelernt haben, müssen wir nun den Abstand aufholen, indem wir unsere eigene Entwicklung und Fertigung stärken, zurückholen und wettbewerbsfähig machen. Die nötigen Strukturen sind (noch) vorhanden. Das dazu notwendige Engagement zeigt der „Draghi-Bericht“. Untätigkeit führt zu Abhängigkeit, sinkendem Wachstum und schwindendem Wohlstand.

Bis vor etwa zehn Jahren waren es die nord-amerikanischen Plattformen, die eine Evolution des Einzelhandels durch dessen Digitalisierung vorangetrieben haben. Heute hat sich die Gestaltungmacht im Ecommerce nach Süd/Ost Asien verlagert. Europa und insbesondere Deutschland haben die digitale Revolution weitgehend verpasst.

Daher müssen Deutschland & Europa zwingend die Grundlagen schaffen, um auf gleicher Augenhöhe mit unseren Handelspartnern zu interagieren. Dazu gehören insbesondere die notwendigen zentralisierten Systeme.

Florian Seikel | logistic-natives e.V. The international network of logistics & infrastructure in modern commerce