Unternehmerin, Bibliothek

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4. Selbstständigkeit & Unternehmertum

Selbstständigkeit ist ein elementarer Bestandteil des Wirtschaftssystems - vor allem in einer digitalen Wirtschaft, die Arbeitsaufträge immer mehr als Projekte versteht.

Die Verunsicherung rund um die Beauftragung von Selbständigen führt zu verschleppten Projekten und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit. [...] Wir brauchen einen neuen, zeitgemäßen Rechtrahmen, in dem hochqualifizierte, selbstständige Experten rechtssicher arbeiten und Auftraggeber schnell und effizient Aufträge vergeben können.

Dr. Marei Strack, Vorstandsvorsitzende DDIM

Im freien Unternehmertum ist die Selbstständigkeit ein elementarer Bestandteil des Wirtschaftssystems, der für Innovation, Fortschritt und die Schaffung neuer Arbeitsplätze steht. In einer modernen Wirtschaft, die Arbeitsaufträge immer mehr als Projekte versteht, bei denen verschiedene ExpertInnen themenbezogen zusammengebracht werden, nehmen Selbstständige eine noch wichtigere Rolle ein. Die öffentliche Diskussion beschränkt sich dabei zu sehr auf offensichtliche Fehlentwicklungen (z.B. (Schein-)Selbstständigkeit im Rahmen von Plattformarbeit). Dabei verkennt man jedoch das ungeheure Potenzial, welches in der Selbstständigkeit für Unternehmen und Selbstständige steckt – vor allem in einer digitalen Wirtschaft. Die gesamte arbeitsmarktpolitische Ausrichtung würde durch das Anerkennen der Tatsache, dass rund ein Drittel der Deutschen als Selbstständige agieren, deutlich realitätsnaher werden und mehr Flexibilität eröffnen.

Unsere Forderungen

  • Selbstständigkeit fördern
    Die seit langem dynamisch wachsende Gruppe von Selbstständigen und Freiberuflern steht für Flexibilität und Innovationskraft und ist längst zu einem integralen Teil der Wirtschaft geworden. Es ist an der Zeit für ein klares politisches Bekenntnis zur Förderung der Selbstständigkeit. Dazu ist es notwendig, die entsprechenden Verbände, ebenso wie andere WirtschaftsvertreterInnen politisch zu beteiligen und insbesondere bei Gesetzgebungsverfahren bereits in Konzeptions- und Durchführungsphasen frühzeitig einzubeziehen.
  • Rechtssicherheit für Selbstständige und AuftraggeberInnen
    Es muss Rechtssicherheit beim Einsatz von selbstständigen ExpertInnen und Führungskräften in Unternehmen hergestellt werden. Ohne diese Rechtssicherheit für Selbstständige und deren AuftraggeberInnen werden Projekte verschleppt oder gar nicht erst gestartet. Das schadet dem Innovations- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Gerade im digitalen Zeitalter muss Selbstständigkeit zeitgemäß definiert werden. Die aktuellen Kriterien entsprechen nicht mehr der realen Arbeitswelt in einer digitalen Wirtschaft mit zunehmender zeitlicher und räumlicher Flexibilität – dies muss angepasst werden.
  • Modernisierung des Statusfeststellungsverfahrens
    Eine grundsätzliche Überarbeitung des Statusfeststellungsverfahrens der Deutschen Rentenversicherung ist nötig, da es auf veralteten und inzwischen nicht mehr mit der Realität vereinbaren Kriterien basiert. Ebenso muss die nachträgliche Betrachtung einzelner Aufträge bei selbstständigen ExpertInnen und Führungskräften beendet werden. Die Anerkennung des Selbstständigenstatus sollte im Sinne eines Positivbescheids erfolgen, was AuftraggeberInnen und selbstständigen AuftragnehmerInnen die erforderliche Sicherheit in der vertraglichen Ausgestaltung der Zusammenarbeit bringen würde.
  • Altersvorsorge für Selbstständige regeln
    Eine pauschale Versicherungspflicht für Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung lehnen wir ab. Schon heute sorgt eine große Zahl von Selbstständigen aus eigenem Antrieb für das Alter vor. Diskutabel wäre eine Altersvorsorgepflicht, die ein Rentenniveau oberhalb der Grundsicherung garantiert. Die maximale Wahlfreiheit in der Art und Form der Altersvorsorge und die Diversität der gewählten Produkte muss dabei gewährleistet werden. Bereits geleistete Vorsorge ist unbedingt zu berücksichtigen. Statt Pflichten aufzuerlegen, muss der Gesetzgeber Anreize stärken, um die Vorsorge attraktiver zu machen.
  • Gründerökosysteme nachhaltig fördern
    Neue Gründungen bringen den Mittelstand durch Innovationen, neue Arbeitsplätze und neue Kooperationsmöglichkeiten mit bestehenden Unternehmen auf vielen Ebenen voran. Besonders regional verankerte Gründer- und Innovationszentren können ein sehr praktikabler Weg sein, um GründerInnen den Einstieg in die eigene Unternehmung zu erleichtern und ihnen bei ihren Fragen der Gründung und des Wachstums kompetente Unterstützung an die Seite zu stellen. Gründungsökosysteme umfassen die Gesamtheit der Unterstützungslandschaft für GründerInnen sowie Start-Ups in einer bestimmten Region, aber auch die Gründungsszene selbst. Als wesentliches Merkmal gilt das effektive Zusammenwirken von unterstützenden Akteuren und Organisationen, wie beispielsweise Bildungs- und Fördereinrichtungen, Unternehmen, Investoren und politischen Institutionen. Erfolgreiche Vorhaben ziehen andere Gründungswillige an und führen langfristig zu mehr Gründungen, Innovationen und Beschäftigung. Daher sollte die künftige Bundesregierung verstärkt auf regionale Gründerökosysteme setzen, denn hier werden bisherige Förderungen und Erfahrungen mit aktuellen Anforderungen von GründerInnen kombiniert und regional verankert – gerade in wirtschaftsschwächeren Regionen Deutschlands tragen Gründerökosysteme effektiv zur Belebung der regionalen Wirtschaft bei.

Selbständigkeit ist wichtig für unser Land. Die vergangenen 12 Monate haben eindrucksvoll vor Augen geführt, dass die Fähigkeit, in Form von Projekten schnell und präzise auf neue Herausforderungen reagieren zu können, das zentrale Element der Wettbewerbsfähigkeit im Technologiezeitalter ist. Ohne externe, punktegenaue Unterstützung durch umfassendes Spezialwissen ist es kaum einem Unternehmen oder einer Organisation möglich, dieser Dynamik wirkungsvoll zu begegnen. Selbstständige sind auch hier ein wichtiger Erfolgsfaktor. Allerdings wird die Rechtslage für die Beauftragung von externen Experten auf selbständiger Basis sowohl von Seiten der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer als sehr unsicher wahrgenommen. Hier gilt es anzusetzen und das Statusfeststellungsverfahren zu modernisieren - dieses sollte verlässlicher, transparenter und schneller werden und moderne Formen der agilen Zusammenarbeit berücksichtigen.

Carlos Frischmuth, Vorsitzender des Vorstands BV Selbst. Wissensarbeit