Purpose oder Greenwashing
Nachhaltigkeit in Unternehmen – täglich stehen oft gleich mehrere Meldungen dazu in den Medien. Nachhaltigkeit hat längst das Thema Digitalisierung in der öffentlichen Wahrnehmung überholt. Insbesondere Konzerne rühmen sich ihrer Großtaten beispielsweise für das Klima. Leider stellt eine aktuelle Umfrage (Personalberatung Russell Reynolds im Januar 2022) fest, dass viele deutsche Großunternehmen immer noch der Auffassung sind, Klima- und Umweltschutz ist gut fürs Image, aber ohne Konsequenz für das Geschäftsmodell. Fast 50% der Befragten geben an, dass Nachhaltigkeitsmaßnahmen aus Marketingerwägungen getroffen werden, um "als gesellschaftlich verantwortlich angesehen zu werden und sich über ein Nachhaltigkeitsimage vom Wettbewerb abzusetzen". Demnach sieht der überwiegende Teil der internationalen Führungskräfte Nachhaltigkeit immer noch vorrangig als Reputationsrisiko an, das es zu managen gilt. Greenwashing statt Purpose.
Nachhaltigkeit ist Haltung und Chance - kein (Marketing-)Trend
Dabei sehen nach Studien gerade Führungskräfte im deutschen Mittelstand den Umbau zu nachhaltigem Wirtschaften als eine der größten Aufgaben der nächsten zehn Jahre. Fast alle Führungskräfte wollen zum Aufbau einer besseren Welt beitragen. Es scheint paradox: Deutsche Arbeitgeber und deren Arbeitnehmer sind sich am ehesten einig über die kritischen Themen, was eigentlich die Anpassung der Geschäftsmodelle erleichtern sollte.
Nachhaltigkeit steht seit vielen Jahren in nahezu jeder Branche für ein breites Spektrum an Themen, die im Interesse des langfristigen Geschäftserfolgs zu bedenken sind. Neu sind die Dringlichkeit und der politische Wille, die Transformation anzugehen. Das drückt sich in Rahmenbedingungen und Gesetzen aus, denen sich mittelfristig kein Unternehmen entziehen kann. Dass der Nachwuchs für Klimaschutz auf die Straße geht, hat den Handlungsdruck weiter verschärft. Jetzt ist Nachhaltigkeit zum bestimmenden Faktor der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft von morgen geworden.
Corporate Sustainablity Reporting – die neue Berichtspflicht
CSR – ein Kürzel steht schon seit Jahrzehnten für unternehmerische Verantwortung vornehmlich bezogen auf soziales gesellschaftliches Engagement – eben Corporate Social Responsibility. Lange war dies oftmals als Marketing-Instrument in die Unternehmensstrategie eingebunden: Tue Gutes und rede darüber. Und bislang war es nur freiwillig. Jetzt wird über EU-Richtlinien daraus schon bald ein verbindlicher Rechtsrahmen für Unternehmen. Zudem erhalten die gleichen Kürzel eine andere inhaltliche Bedeutung: Aus Social wird Sustainabilty (Nachhaltigkeit) und aus Responsibility (Verantwortung) wird Reporting (Bericht). Der Zusatz D – steht für Directive – macht daraus eine Verpflichtung. CSRD – Corporate Sustainability Reporting Direktive wird nach aktueller Planung bereits ab 2023 zunächst für größere Unternehmen zur unabdingbaren Norm.
Mittelständische Unternehmen sind gefordert
Wie aber wird Nachhaltigkeit in kleinen und mittelständischen Unternehmen wahrgenommen, gelebt und umgesetzt? Studien und Umfragen zeigen, dass aktuell selten ein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis besteht.
Jede Regulierung, die zunächst auf große (kapitalmarktorientierte) Unternehmen abzielt, trifft über kurz oder lang auch die mittelständischen Unternehmen. Denn jedes Unternehmen ist immer auch Teil einer Handels- oder Lieferkette. Und auch wenn kleine und mittelständische Unternehmen keine Lieferanten, sondern selbst Produzent und Händler oder Dienstleister sind, erleben sie doch die mit Regulierungen und Transparenzanforderungen einhergehende Sensibilisierung, beispielsweise in den Erwartungen von Nachwuchskräften, Konsumenten und Finanzinstituten. Da sich Deutschlands kleine und mittelständische Unternehmen selten über den Kapitalmarkt, sondern vielmehr über Banken finanzieren, ist für sie von großer Bedeutung, wie sich deren Betrachtungsweise, die sich meist in
der Risikoeinschätzung und damit den Kreditkonditionen zeigt, künftig entwickeln wird. Schon heute gibt es zum Beispiel Kredite, deren Zinsen an die Umsetzung von Klimazielen geknüpft sind. Bei Kreditwürdigkeitsprüfungen werden Nachhaltigkeitskriterien eine wichtige Rolle spielen. Ähnliches gilt auch schon für Garantien im Außenhandelsgeschäft und im Zahlungsverkehr. Deshalb ist für Unternehmen nun entscheidend, Nachhaltigkeit nicht als lästige Pflicht zu sehen, sondern als Chance und Motor für Veränderung. Dann lassen sich beachtliche Nutzwerte erschließen. Somit stellt sich also die Frage: Wie kann Nachhaltigkeit in seiner ganzen Tragweite in ökonomisch ausgerichtete Unternehmensführung integriert werden?
Nachhaltigkeit als Transformationsprozess
Der Wandel zu Nachhaltigkeit ist ein ähnlich komplexer Transformationsprozess wie bei der Digitalisierung. Während dieser längst bei den Unternehmen in vollem Gange ist, wird aktuell zwar schon viel über Nachhaltigkeit gesprochen und auch schon einzelne Maßnahmen ergriffen, aber die meisten Unternehmen haben noch nicht mit einem notwendigen strategischen konzeptionellen Transformationsprozess begonnen.
Der BVMW Münsterland hat deswegen das Thema Nachhaltige Unternehmensführung zum Schwerpunktthema gemacht. Wir bieten ein umfangreiches Angebot, um alle Facetten, neue Entwicklungen und Erkenntnisse dazu zu beleuchten, und vor allem den Unternehmen die Möglichkeit des intensiven Austausches zu geben.
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