Der BVMW zeigt im FAZ-Special „Unternehmergeist 2025“ Wege für den Mittelstand der Zukunft auf.
Tristan Niewöhner
Der Gründer und Geschäftsführer der persomatch GmbH im Interview für die Initiative „Der Junge Mittelstand“.
Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmer zu werden?
Ich war schon von klein auf vom Unternehmertum fasziniert. Mein Großvater hat nach dem zweiten Weltkrieg in ganz jungen Jahren die Landmaschinenfirma „Wühlmaus“ gegründet. Leider existiert das Unternehmen heute nicht mehr, aber die Geschichten und Erzählungen aus der aktiven Zeit haben mich fasziniert. Ich wollte schon immer mein eigenes Unternehmen gründen und habe mir dann schließlich diesen Traum erfüllt.
Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen.
Unternehmertum ist und bleibt mein Lebensthema, das würde sich nicht ändern. Außerdem halte ich es für müßig, etwas zu bereuen oder im Konjunktiv zu denken. Ich würde die wesentlichen Entscheidungen genauso treffen. Was ich im Nachhinein anders machen würde, ist vielleicht, dass ich früher mutiger hätte sein können oder zu bestimmten Erkenntnissen hätte früher gelangen können. Aber ich glaube, das kann man nicht erzwingen, Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht, bestimmte Entscheidungen und Gedankenprozesse brauchen einfach ihre Zeit.
Haben Sie im Gründungs- oder Übernahmeprozess in irgendeiner Form Unterstützung erhalten? Falls ja, welche Form der Unterstützung war besonders zentral?
Ich bin davon überzeugt, dass man in der Gründungsphase und auch darüber hinaus sehr Unterstützung braucht. Ich war selbst mehrere Jahre für die garage33 (die Gründungsinitiative der Universität Paderborn) als Startup Coach tätig. Über die Jahre habe ich mir ein großes Netzwerk im Startup-Umfeld aufgebaut, auf das ich immer gerne für Rat und Tat zurückgreife. Das ist natürlich keine Einbahnstraße, auch ich unterstütze andere gerne, wenn ich kann.
Welche Entscheidung würden Sie für sich als Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?
Ich bin überhaupt kein Freund davon, Unternehmertum und vor allem den unternehmerischen Erfolg auf einzelne Entscheidungen oder Ideen zurückzuführen. Man trifft jeden Tag viele kleine Entscheidungen und die Qualität der Summe dieser Entscheidungen macht dann den Erfolg aus. Was natürlich ganz entscheidend ist, überhaupt zu seiner unternehmerischen Reise aufzubrechen.
Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?
Wie bei der vorangegangenen Frage glaube ich nicht, dass es die eine einzelne Herausforderung gibt, sondern dass es eher die Summe der kleinen und großen Herausforderungen ist, die das Unternehmertum ausmachen. Jeden Tag begegnen mir Herausforderungen.
Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen Beruf, Familie und Freizeit? Welche Unterstützung wünschen Sie sich für eine bessere Vereinbarkeit?
Der Tag hat leider nur 24 Stunden, diese Spielregel ist für alle gleich. Insofern liegt es an einem selbst, wie man seine Zeit einteilt und seine Aufgaben priorisiert und effizient organisiert. Ich bin davon überzeugt, dass sich diese Prioritäten auch im Laufe des Lebens verschieben können. Ich bin persönlich sehr zufrieden und glücklich und habe das Gefühl, alles gut vereinbaren zu können.
Wie stehen Sie zum Thema Jobsharing oder Tandem als Lösung für eine bessere Vereinbarkeit?
Ich glaube, Jobsharing kann ein interessanter Ansatz sein. Ich persönlich habe damit aber noch keine Erfahrungen bei mir im Unternehmen, bin aber grundsätzlich offen dafür.
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?
Gesamtwirtschaftlich stehen wir vor sehr großen und vielfältigen Herausforderungen. Ohne auf die einzelnen und allgemein bekannten Aspekte eingehen zu wollen, kann man zusammenfassend festhalten, dass viele Dinge, die wir für viele Jahrzehnte als selbstverständlich angenommen hatten, es nicht mehr sind. In diesen Zeiten ist besonders wichtig, eine resiliente Unternehmenskultur mit gleichzeitig hoher Flexibilität zu kreieren. Unternehmenskultur ist extrem wichtig, es wird viel darüber geredet, aber ich glaube, die wenigstens gestalten sie wirklich proaktiv.
Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?
Ich bin sehr dankbar dafür, eine Arbeit zu haben, die mich persönlich erfüllt und glücklich macht. Ich weiß, dass es bei vielen, vielleicht sogar einem Großteil der Menschen, anders ist. Ich sehe es als meine Hauptaufgabe, in unserem Unternehmen eine positive Arbeitskultur zu schaffen. Wenn unsere Mitarbeitenden sich wohlfühlen, können sie aufblühen und über sich hinauswachsen. Der Aufbau einer solchen Kultur ist natürlich bereits Teamwork. Wenn es uns gelingt, eine solche Kultur nachhaltig zu schaffen und zu erhalten, dann ist das ein unglaublich motivierendes Gefühl.
Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen jungen Unternehmerinnen und Unternehmern mitgeben?
Ganz gleich, was ihr macht und ganz gleich, wie erfolgreich ihr seid oder werdet. Alleine dafür, dass ihr überhaupt den Mut hattet, zu eurer unternehmerischen Reise aufzubrechen, gebührt euch schon Respekt. Kaum jemand konnte diesen Gedanken so pointiert zusammenfassen wie der ehemalige US-Präsident Theodore Roosevelt in seinem berühmten „The Man in the Arena“:
„It is not the critic who counts; not the man who points out how the strong man stumbles, or where the doer of deeds could have done them better. The credit belongs to the man who is actually in the arena, whose face is marred by dust and sweat and blood; who strives valiantly; who errs, who comes short again and again, because there is no effort without error and shortcoming; but who does actually strive to do the deeds; who knows great enthusiasms, the great devotions; who spends himself in a worthy cause; who at the best knows in the end the triumph of high achievement, and who at the worst, if he fails, at least fails while daring greatly, so that his place shall never be with those cold and timid souls who neither know victory nor defeat.“
Ihr werdet kleinen und größeren Hindernissen begegnen, die euch vielleicht an den Rand eurer Belastbarkeit bringen und auch wenn dies im ersten Moment schmerzhaft sein mag, letztendlich werdet ihr dadurch über euch hinauswachsen. Ihr müsst euch vor Augen führen, dass Unternehmertum Lernen bedeutet.
Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt junges Unternehmertum oder geben Young Professionals Rückenwind?
Zum einen engagiere ich mich persönlich für verschiedene Initiativen, wie z. B. die garage33 an der Universität Paderborn oder hier im Jungen Mittelstand. Zum anderen geben wir als persomatch beim Studienfonds OWL ein Deutschland-Stipendium, um junge Talente zu fördern.
Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von jungen Unternehmerinnen, Unternehmern und Young Professionals im Allgemeinen…
Leider habe ich bei unserer aktuellen Politik das Gefühl, dass die Interessen der Unternehmerinnen und Unternehmer nicht die höchste Priorität genießen. Daher würde ich mir wünschen, dass das Unternehmertum ganz allgemein wieder einen höheren Stellenwert bekommt, auch was die gesellschaftliche Wahrnehmung angeht.
Was hat Sie als Unternehmer am meisten überrascht?
Als ich begann, in die Startup-Szene einzutauchen und ich die ersten Bekanntschaften mit erfolgreichen Gründerinnen und Gründern gemacht hatte, hat mich überrascht, wie unterschiedlich diese doch waren. Ich hatte vorher immer angenommen, dass man zum erfolgreichen Gründen bestimmte Charaktereigenschaften braucht, wie z. B. Extrovertiertheit oder extrem hohe Intelligenz. Interessanterweise sind viele erfolgreiche Gründerinnen und Gründer sehr unterschiedlich, jeder hat eigene Stärken, aber auch Schwächen. Insofern fasziniert mich, wie das Unternehmertum die individuellen Talente eines jeden einzelnen zum Vorschein bringen kann.
Welches Buch empfehlen Sie angehenden Unternehmerinnen und Unternehmern?
Da kann ich mein Buch empfehlen: „Mit Odysseus ins Silicon Valley“. Ich hatte immer den Traum, mein eigenes Buch zu schreiben. Durch die Pandemie und den Wegfall fast sämtlicher beruflicher und privater Aktivitäten hatte ich dann die Zeit, mir diesen Traum zu erfüllen. Ich vergleiche die Startup-Gründung mit der Heldenreise. Es soll inspirieren, sich mit dem Thema Gründung zu beschäftigen und ermutigen, den eigenen Weg zu finden und auch zu beschreiten.
Was macht Sie zu einem guten Chef?
In einem Wort: Loslassen! Ich glaube, als moderne Führungskraft ist es wichtig, Freiräume zu schaffen, viel zu delegieren und sich nicht im Micro-Management zu verlieren. Nur wenn man loslassen kann, werden Mitarbeitende sich frei entfalten und aufblühen können.
Was haben Sie von Ihrem Team gelernt?
Lernen im Unternehmen ist keine Einbahnstraße. Die Idee, dass man als Führungskraft alles besser können muss als die Mitarbeitenden halte ich für längst überholt. In unserem Team sind viele unterschiedliche Altersgruppen vertreten, manche hatten bereits andere Berufserfahrung, manche weniger oder kaum. Jeder hat gute Ansätze, die wir uns gerne anhören und wenn es Sinn macht auch umsetzen. Ich lerne täglich etwas von meinem Team!
Am meisten begeistert mich an meinem Beruf…
…, dass man jeden Tag unendlich viel dazulernt. Ich bin davon überzeugt, dass es in unserer heutigen Welt kaum einen anderen Beruf gibt, in dem man so viel so Unterschiedliches lernen kann. Man ist auch dazu gezwungen, da man bei der Gründung ins „kalte Wasser“ springt. Das fühlt sich zwar im ersten Moment durchaus unangenehm an, aber wenn man dann herausfindet, wie es geht und man sich langsam über Wasser halten kann, ist das einfach ein extrem motivierendes Gefühl.
Tristan Niewöhner
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