Petition von BVMW-Mitgliedsunternehmen eingereicht
Klage und Petition eingereicht
Die Diskussion um die Rückzahlung der Corona-Soforthilfe-Leistungen aus dem Jahr 2020 nimmt jetzt auch in Bayern Fahrt auf. Am Freitag vor Pfingsten ging beim Verwaltungsgericht München die erste Klage eines mittelständischen Unternehmens ein, die sich sowohl gegen Form als auch Anspruch des Vorgehens der Bayerischen Staatsregierung richtet.
Unterdessen hat das BVMW-Mitgliedsunternehmen Branda.Works aus München eine Petition beim Bayerischen Landtag eingereicht, in der eine vorübergehende Aussetzung des Rückmeldeverfahrens gefordert wird, bis rechtliche Klarheit besteht. In Nordrhein-Westfalen hatten klagende Unternehmen bereits in zwei Instanzen Recht bekommen und damit erwirkt, dass das Rückzahlungsverfahren dort neu aufgesetzt werden muss. [Petition HIER unterzeichnen]
Die Bundesrechtskommission des BVMW bereits im März empfohlen, die geforderten Informationen im Rückmeldeverfahren zwar fristgerecht zur Verfügung zu stellen, aber zusätzlich anwaltlich mitteilen zu lassen, dass eine Rückzahlung zunächst nicht erfolgt.
Gemeinsam mit der Anwaltskanzlei Steinbock & Partner aus Würzburg weist der BVMW auf eine Reihe von Unstimmigkeiten beim Rückmeldeverfahren in Bayern hin, zu dem rund 240.000 Unternehmen im Freistaat schriftlich aufgerufen wurden und dessen Frist Ende Juni abläuft.
So wurde bei Bewilligung der Anträge stets kommuniziert, dass diese endgültig bei den Unternehmen verbleiben sollen. Beispielsweise erklärte Olaf Scholz in seiner damaligen Funktion als Bundesfinanzminister am 23. März 2020: „Ganz wichtig ist mir: Wir geben einen Zuschuss, es geht nicht um einen Kredit. Es muss also nichts zurückgezahlt werden." Das Bayerische Wirtschaftsministerium erklärte in einer Pressemeldung vom 27.2.2021, also ein Jahr später: „In Bayern wird auch kein allgemeines Rückmeldeverfahren durchgeführt, da die Bewilligungsstellen bereits im Rahmen der Gewährung der Soforthilfen den Liquiditätsengpass zum Teil umfassend geprüft haben. Die Verfahren sind daher für die Verwaltung – mit Ausnahme noch weniger laufender Nachprüfungen – grundsätzlich abgeschlossen.“
Weiterhin sehen die allermeisten Bescheide keine allgemeine Rückzahlungspflicht vor. Diese ist dort nur im Fall der Überkompensation durch andere Hilfsprogramme festgelegt. Es fehlt daher an einer hinreichend deutlichen Grundlage für die Rückzahlungspflicht im Bewilligungsbescheid. Ein solcher Hinweis ist aber Voraussetzung für die Rückforderung durch die Behörden. Auch die Grundlagen für eine Rückforderung wurden mangelhaft festgelegt. So wurde der „Liquiditätsengpass“, der im Jahr 2020 als Entscheidungsgrundlage für die Gewährung der Hilfen herangezogen wurde, lange nicht genau definiert. Es war daher für die antragstellenden Unternehmen nicht klar, was damit gemeint war. Eine solche Unklarheit darf aber keinesfalls zu Lasten der Unternehmen gehen - dies hat auch eine Richterin in einem Pilotverfahren in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2022 betont, das wie zwei andere Verfahren zugunsten der klagenden Unternehmen entschieden wurde: Unklarheiten gehen demnach immer zu Lasten der Behörden, nicht der Empfänger.
Zentraler Streitpunkt mit erheblicher Auswirkung auf das Berechnungsergebnis sind schließlich auch die Personalkosten. Diese sind laut dem Rückmeldeverfahren in Bayern nicht berücksichtigungsfähig. Im Rahmen der Antragsprüfung und Bewilligung wurden jedoch auch Personalkosten berücksichtigt. In anderen Bundesländern, so etwa in NRW, Schleswig-Holstein und Hamburg, werden die Personalkosten hingegen als Auslage berücksichtigt. Warum dies nun in Bayern nicht der Fall sein soll, ist nicht ersichtlich. Auch wenn hier länderspezifische Regelungen getroffen wurden, gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass zumindest ein einheitlicher Rahmen über alle Bundesländer hinweg besteht. Zusätzliche Ungleichheit hat die Bayerische Staatsregierung durch die jüngste Änderung geschaffen, nach der Geringverdienern auf Antrag die Rückzahlungspflicht erlassen werden kann. Diese Regelung wird auch von der Gewerkschaft ver.di und der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag stark kritisiert, da sie willkürlich sei und auf Einzelfallprüfungen basiere.
Die Kanzlei Steinbock & Partner weist zusätzlich darauf hin, dass auch das Online-Rückmeldeverfahren an sich grob rechtswidrig ist, und hat diesen Aspekt in der aktuellen Klageschrift ebenfalls betont.
Gegenwärtig ist davon auszugehen, dass das Bundesverwaltungsgericht als höchste Instanz mit einer richtungsweisenden Entscheidung das Verfahren grundsätzlich bewerten wird. Erst dann haben Unternehmen eine klare rechtliche Grundlage, ob und in welcher Form Rückzahlungen zu leisten sind.
Autor: Achim von Michel, BVMW Landesgeschäftsstelle Bayern
Ganz heimlich hat das bayerische Wirtschaftsministerium heute auf seiner Website die Frist zum Rückmeldeverfahren bei den Corona-Soforthilfen bis zum 31.12.2023 verlängert: https://www.stmwi.bayern.de/fo...
Wir haben bereits reagiert mit einer gemeinsamen Pressemitteilung mit der Grünen-Fraktion im Landtag. Seit heute steht übrigens auch die FDP-Fraktion im Landtag mit identischer Forderung an unserer Seite.
Der Verband Der Mittelstand.BVMW in Bayern und die FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag setzen sich gemeinsam dafür ein, die Rückzahlungspflicht der Soforthilfe Corona vorübergehend auszusetzen. Dies muss gelten, bis die nun auch in Bayern dagegen laufenden Verfahren abgeschlossen sind und Rechtsklarheit besteht. Einen entsprechenden Dringlichkeitsantrag hat die FDP-Landtagsfraktion zur heutigen 147. Plenarsitzung eingereicht. In Nordrhein-Westfalen hatten klagende Unternehmen beim ähnlich gelagerten Rückzahlungsverfahren zur NRW-Soforthilfe bereits in zwei Instanzen Recht bekommen, wodurch dieses nun neu aufgesetzt werden muss. [Pressemitteilung]
Rückzahlung der Corona-Soforthilfen: Lehren aus der Pandemie. [Pressemitteilung]