Erfahren Sie in diesem Steckbrief, welche Änderungen durch die EU-Verordnung auf Sie zukommen.
Serhii Yevdokymov, Canva
Mit dem Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zu standardessentiellen Patenten soll ein transparenter, rechtsicherer und aufwandsarmer Rahmen für SEP geschaffen werden.
Für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland und Europa sind Innovationen und technologischer Fortschritt von entscheidender Bedeutung. In der heutigen wissensbasierten Wirtschaft sind geistiges Eigentum und deren Schutz wesentliche Faktoren. Ein Großteil des europäischen Handels betrifft patentintensive Branchen. Zudem sind viele Zukunftsmärkte wie das Internet der Dinge (IoT) und die Industrie 4.0 direkt mit der Nutzung von Technologien unter standardessentiellen Patenten (SEP) verbunden. Zu diesen Technologien zählen beispielsweise 5G, Bluetooth und viele mehr.). Die SEP-Lizenzierung innerhalb der Europäischen Union ist aktuell kein gut funktionierender Markt – sie ist ein Spiel mit der Verhandlungsmacht zwischen ungleichen Parteien, welches vom Budget der Unternehmen und Gerichtsentscheidungen bestimmt wird. Start-ups und KMU haben häufig nicht die Ressourcen, um Rechtsstreitigkeiten und Patent-Verfahren durchzustehen. Der aktuelle SEP-Rahmen wirkt sich somit negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen KMU aus.
Es soll ein zentrales Kompetenzzentrum geschaffen werden, welches als Informations- und Anlaufstelle für SEP und Lizenzierungen in der Europäischen Union fungieren soll. Dieses Zentrum soll an das bisher lediglich für Unionsmarken und Geschmacksmuster zuständige European Intellectual Property Office (EUIPO) angegliedert werden.
Die Belange des Mittelstands werden dabei gesondert berücksichtigt. So können sich KMU zum Thema standardessentielle Patente kostenlos durch das Kompetenzzentrum beraten lassen. Zudem erhalten sie Vergünstigungen bei der Registrierung und Prüfung der Wesentlichkeit von SEP.
Durch die zentrale digitale Sammlung der Patente in Form eines Registers und die Schaffung einer Datenbank soll die Transparenz erhöht werden. Gleichzeitig sollen die Lizenzen zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden (FRAND) Bedingungen zur Verfügung gestellt werden. Das Verfahren zur Prüfung der FRAND-Lizenzen soll beschleunigt und auf maximal neun Monate beschränkt werden.
Im Sinne der Effizienz ist es zentral, dass Lizenzen auch wirklich nur für gültige standardessentielle Patente gezahlt werden. Daher werden SEP-Inhaber in der Geltendmachung ihrer Ansprüche eingeschränkt, falls das SEP nicht registriert oder das FRAND-Verfahren nicht abgeschlossen wurde. So sollen Unsicherheiten reduziert und Missbrauch verhindert werden.
Der Mittelstand. BVMW begrüßt die Bestrebungen der Europäischen Kommission zur Steigerung der Transparenz und Rechtssicherheit bei standardessentiellen Patenten. Eine grundsätzliche Entscheidung zu SEP-Lizenzbedingungen ist zentral, um heimische Endnutzer wie Verbraucher und KMU gegenüber internationalen Großkonzernen und SEP-Eigentümern zu stärken. Gleichzeitig gilt es die Besonderheiten mittelständischer SEP-Inhaber bei Prüfung und Registrierung zu beachten. Es gilt, effektive Wege zu finden, um sowohl einen strategischen Missbrauch durch marktmächtige SEP-Inhaber, indem diese unangemessenen Bedingungen oder Gebühren für die Nutzung stellen (sog. „hold-ups“) als auch ein missbräuchliches Verhalten von standardnutzenden Unternehmen, die sich weigern, faire und angemessene Gebühren für die Nutzung der Standards zu zahlen (sog. „hold-outs“) in Zukunft zu verhindern. Ergänzend setzt sich der BVMW dafür ein, dass homogene mittelständische Unternehmen im Kollektiv SEP-Lizenzen verhandeln dürfen. Durch das gemeinsame Auftreten in den Lizenzierungsverfahren können die Machtasymmetrien zwischen Großkonzernen und KMU weiter verringert und die individuellen Transaktionskosten für KMU reduziert werden.