Welche Maßnahmen planen Sie, um die Bürgerinnen und Bürger an der Netzplanung und am weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien noch stärker zu beteiligen?
Wir werden Schleswig-Holstein zum ersten klimaneutralen Bundesland machen. Dafür wollen wir den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik deutlich vorantreiben. Die Erneuerbaren Energien garantieren eine langfristige, bezahlbare, verfügbare und klimaverträgliche Energieversorgung. Beim Ausbau ist die Beteiligung der Menschen vor Ort entscheidend. Wir unterstützen örtliche und kommunale Beteiligungsmöglichkeiten. Das gilt insbesondere für genossenschaftlich organisierte Finanzierungsmodelle. Durch die Förderungen von Bürgerphotovoltaikparks wollen wir Menschen die Chance geben, sich am Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beteiligen.
Ebenso beim Netzausbau. Daher begrüßen wir die Vereinbarung der Ampelkoalition, die Planungs- und Genehmigungsverfahren für eine schnellere Planung und Realisierung von Strom- und Wasserstoffnetzen zu beschleunigen und dabei eine klare Zuordnung der politischen Verantwortung für gute frühzeitige Bürgerbeteiligung beim Netzausbau zu gewährleisten.
Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die Wärmewende voranzutreiben und die Umstellung von Haushalten in Schleswig-Holstein auf eine erneuerbare Wärmeversorgung zu beschleunigen?
Die Herausforderungen des Klimaschutzes bei der Gebäude-Energieeffizienz und der klimaschonenden Gewinnung von Wärmeenergie sind besonders groß. Lösungen müssen gemeinsam vor Ort, abgestimmt auf die lokalen Verhältnisse, umgesetzt werden. Wir wollen vor allem den Ausbau von Wärmenetzen als effizientere Alternative zu Öl- und Gasheizungen und den Einsatz von Wärmepumpen als klimaneutrale Heizung der Zukunft fördern.
Wärmenetze erfordern aufwendige Infrastrukturmaßnahmen und das Zusammenspiel vieler Akteure. Kommunen, Stadtwerke, Eigentümer*innen und Genossenschaften wollen wir vom Land durch finanzielle Förderung beim Bau und Betrieb unterstützen. Finanzielle Förderung durch das Land allein wird aber nicht ausreichen, um Wärmenetze in der erforderlichen Flächendeckung zu erreichen. Wir wollen eine Landesinfrastrukturgesellschaft aufbauen, die standardisierte Lösungen anbietet und die Kommunen, Stadtwerke, Eigentümer*innen und Genossenschaften beim Bau und Betrieb unterstützt.
Werden Sie an einer Solarpflicht für gewerbliche Neubauten festhalten und diese auf private Neubauten und Sanierungen ausweiten?
Für private Haushalte wird Solarstrom in Kombination mit einem Speicher in den nächsten Jahren Strom günstiger werden als der klassische Strom aus dem Netz. Wir wollen, dass alle Schleswig-Holsteiner*innen die Möglichkeit haben, auf ihren Dächern Photovoltaik bauen zu lassen. Dabei werden wir sie unterstützen.
Wir wollen bestehende Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau durch ein eigenes 100.000 Dächer-Programm ergänzen, das Förderlücken bei finanziell schwachen Haushalten schließt und mit Stadtwerken u.a. bei Leasingprogrammen und Pachtmodellen zusammenarbeiten.
Damit bei der Planung von Häusern und Wohnungen von vornherein die technischen Voraussetzungen mitgedacht werden, wollen wir Photovoltaikdächer beim Neubau von Gebäuden – entweder durch die Eigentümer*innen oder durch Dritte, denen Zugang zur Fläche ermöglicht werden muss – sowie beim Bau von Parkplätzen verpflichtend machen. Wir werden alle grundsätzlich geeigneten landeseigenen Gebäude mit Photovoltaik ausstatten.
Wie werden Sie Unternehmen dabei unterstützen, passende Bewerber für offene Ausbildungsstellen zu finden?
Wir wollen die berufliche Orientierung ab der 7. Klasse beispielsweise durch den Ausbau beruflicher Praktika, durch den Besuch von Berufsberatung und Botschafter*innen der Kammern, durch die inhaltliche Bearbeitung im WiPo-Unterricht verbindlich einführen und die Jugendberufsagenturen stärken. Wir wollen, dass alle Schüler*innen einen Berufsabschluss erwerben. Wir werden ein Landesprogramm zur Werbung von Auszubildenden auflegen und wollen ein landesweites Azubi-Ticket. Mit einer Garantie für eine Ausbildung werden wir jungen Menschen ohne betrieblichen Ausbildungsplatz den Einstieg in das erste Ausbildungsjahr in einer Berufsschule/RBZ ermöglichen und nach dem Vorbild des Studentenwerks die Azubis durch ein „Auszubildendenwerk“ unterstützen. Es soll die gleichen Standards wie das Studentenwerk haben und kann z. B. die Bereitstellung von bezahlbaren Azubi-Wohnungen in angespannten Wohnungsmärkten bedeuten. Zudem prüfen wir die Gründung einer beruflichen Hochschule nach Hamburger Vorbild.
Wie wollen Sie die gesetzten Ziele, bis 2025 flächendeckend Glasfaseranschlüsse zu verlegen, umsetzen?
Daseinsvorsorge ist für uns eine staatliche Aufgabe, deshalb werden wir gemeinsam mit den Kommunen in aktuelle wie auch zukünftige digitale Infrastruktur investieren und flächendeckend neben Glasfaser, 5G, kostenfreies WLAN und alle kommenden digitalen Innovationen kostengünstig anbieten.
Wie werden Sie den Ausbau und Erhalt der Straßeninfrastruktur im Land und den Ausbau der Ladeinfrastruktur bewerkstelligen?
Viele Straßen sind in schlechtem Zustand und müssen saniert werden. Sanierungen haben vor dem Neubau Priorität. Wir werden weiter in die Sanierung investieren und bis 2035 alle Landesstraßen saniert haben. Besonders wichtige Projekte im Straßenausbau sind die FFBQ, die A20 inkl. einer Elbquerung bei Glückstadt, der Ausbau der B5 an der Westküste, der weitere Ausbau der A21 und ein Ersatz der Rader Hochbrücke. Der Antrieb im Straßenverkehr wird künftig vor allem über Strom erfolgen, für den wir die Ladeinfrastruktur massiv ausbauen werden. In einigen Bereichen auch mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen auf der Grundlage erneuerbarer Energien. Den Übergang müssen wir technologieoffen gestalten. Wir sehen das Land in der Verantwortung, dass eine Landesinfrastrukturgesellschaft ein flächendeckendes Netz an E-Ladesäulen sicherstellt. Die bisherige Zahl von ca. 2.000 öffentlichen Ladesäulen ist unzureichend. Wir wollen mindestens 20.000 öffentliche Ladesäulen schaffen. Insbesondere sind E-Ladesäulen einzurichten, die den Strompreis im Vorweg anzeigen, anbieterunabhängig und bargeldlos zugänglich sind.
Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um künftige Gesetzesvorhaben präventiv auf Bürokratiebelastungen für den Mittelstand zu prüfen?
Wir wollen Genehmigungs- und Planungszeiten reduzieren. Dafür ist auch mehr Personal notwendig. Ziel ist, überflüssige Bürokratie, da wo möglich, abzubauen und sinnvolle Verwaltungsvereinfachungen zu erreichen, Wichtig dafür ist auch, die Kommunikation mit und Antragsverfahren bei Ämtern und Behörden durch digitale Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Staat und Verwaltung müssen genauso Innovationstreiber werden wie unsere Unternehmer*innen. Wir wollen die Innovationskraft neuer, junger Unternehmen und die Erfahrung bestehender Unternehmen im Land nutzen, um die Digitalisierung und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung zu beschleunigen. Für interessierte Unternehmen werden wir die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit der Verwaltung vereinfachen und zusätzliche Mittel für das gemeinsame Erarbeiten von Modernisierungslösungen bereitstellen. Außerdem wollen wir die Fördermittelberatung und -unterstützung durch das Land stärken und professionalisieren.
Was werden Sie tun, um die Stimme der mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer noch direkter in den Mittelstandsbeirat einzubeziehen?
Schleswig-Holsteins Wirtschaft wird getragen vom Mittelstand: Zahlreiche erfolgreiche, häufig familiengeführte und traditionsreiche kleine und mittlere Unternehmen bilden das Fundament unserer Wirtschaftskraft, die wir stützen wollen. Der Mittelstandsbeirat hat zur Aufgabe die Landesregierung bei allen mittelstandsrelevanten Themen zu beraten. Wir bedanken uns für die Anregung, mittelständische Unternehmer*innen über die Interessensvertretung hinaus einzubeziehen und werden dies prüfen.