Steuern & Finanzen
Wachstumsimpulse werden durch Entlastung gesetzt, nicht durch Belastung. In Zeiten guter Konjunktur und höheren Steueraufkommens ist dies auch möglich – insbesondere eine angemessene Steuerstruktur für KMU festigt den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die große, altbekannte Hürde sind die Sozialabgaben - im internationalen Vergleich ist Deutschland Spitze bei den Lohnabgaben und Lohnnebenkosten.
Der Faktor Arbeit muss entlastet werden, damit mittelständische Unternehmen wachsen und mehr Arbeitsplätze schaffen können. Das passiert nicht dadurch, dass Steuerentlastungen versprochen, gleichzeitig aber Sozialabgaben durch die Hintertür erhöht werden. Dies ist einerseits bei mittleren Einkommen der Fall, die stärker durch Sozialabgaben belastet werden als durch Steuern. Deutschland ist im OECD Raum mit knapp 50 Prozent Abgaben Spitzenreiter auf Platz zwei hinter Belgien.
Andererseits sind mittelständische Unternehmen im europaweiten Vergleich ebenfalls in der Spitzengruppe, wenn es um Steuern und Abgaben geht. Sie zahlen die Hälfte der Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sowie knapp die Hälfte der Krankenversicherung. Viele Mittelständler sind Personengesellschaften, sie zahlen hohe Einkommensteuern, diese Mittel können nicht in Investitionen und Innovationen gesteckt werden.
Mit der zusätzlichen Verteuerung der Arbeitskosten um 2,5 Prozent in 2016, die auf steigende Sozialausgaben zurückzuführen ist, wird Arbeit in Deutschland immer teurer. Dieser Trend arbeitet gegen die Wettbewerbsfähigkeit im Euroraum insgesamt, in dem die Arbeitskosten nur halb so schnell wachsen. Der Aufschwung und die aktuell niedrigste Arbeitslosenquote seit dem Zweiten Weltkrieg ist maßgeblich dem Mittelstand zu verdanken, allerdings profitiert er nicht in dem Maße davon, wie es ihm zusteht.
Steuerversprechen werden in regelmäßigen Abständen verkündet und teilweise umgesetzt, auf mittelfristige Sicht realisieren sie allerdings keine Entlastung, sondern eine Umverteilung. Die Politik muss hier mehr für den Mittelstand tun, denn unterm Strich geht die Umverteilung zu Lasten kleiner und mittlerer Einkommen wie mittelständischer Unternehmen. Eine echte Nettoentlastung würde neue Wachstumsimpulse setzen, eine Umverteilung im bekannten Sinne bedeutet in aller Regel zusätzlichen administrativen Aufwand.
Ein gutes Beispiel ist die Grenzanhebung für Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter. So können Mittelständler künftig kleinere Anschaffungen sofort steuerlich geltend machen und sich aufwendige bürokratische Auflagen ersparen. Es gilt, dieses Beispiel auf weitaus finanzintensivere Bereiche auszuweiten, so ist bspw. die geplante steuerliche Forschungsförderung für mittelständische Unternehmen ein Schritt in die richtige Richtung.
Im europäischen Vergleich befindet sich die reine deutsche Steuerlast eher im höheren Mittelfeld, als Hemmschuh für Wachstum kann sie daher nicht allein verantwortlich gemacht werden. Das Problem ist vielmehr die gesamte Abgabenlast inklusive Renten-, Sozial-, Arbeitslosen, Pflege- und Krankenversicherung. So entstehen dem mittelständischen Arbeitgeber zusätzlich zum Gehalt Zusatzkosten von bis zu 22 Prozent des Bruttolohns.
Noch unberücksichtigt sind weitere Zahlungen, wie zur Berufsgenossenschaft, Urlaubs- und Weihnachtsgelder, Zahlungen im Krankheitsfall sowie die darauf anfallenden zusätzlichen Beiträge. Auch in diesen Fällen sind die Belastungen des Unternehmers wesentlich höher als das, was der Arbeitnehmer am Ende des Monats mit nach Hause nimmt. Gilt im Steuersystem, dass mit steigenden Einnahmen auch die Steuersätze steigen oder Freibeträge ausgenutzt werden können, gibt es im Sozialsystem derartige Regelungen nicht. Neben einer Reduzierung der Steuerlast für Klein- und Mittelbetriebe muss eine Vereinfachung des Steuersystems herbeigeführt werden, zu viele Ausnahmen lähmen das unternehmerische Tagesgeschäft zusätzlich.
Der deutschen Konjunktur geht es gut wie nie zuvor seit Jahrzehnte. Die Zinsen sind seit Langem auf dem Tiefpunkt, Banken schwimmen im Geld und die Angst vor einem Zusammenbruch Europas ist kein Thema, das aktuell die Medien beherrscht. Eigentlich sollte das hergebrachte Kerngeschäft von Geschäftsbanken und Kreditinstituten, nämlich die Kreditvergabe an Unternehmen, hervorragend laufen. Umfragen aus dem Bankenumfeld zur Folge liegt die Hürde für Unternehmensfinanzierung so niedrig wie nie.
Firmen jeglicher Größenordnung beurteilen laut KfW das Finanzierungsklima positiv und Banken würden gerne mehr Kredite vergeben, als Unternehmen nachfragen. Dennoch klagen andererseits Jahr für Jahr mehr Mittelständler über die Zunahme von Barrieren bei der Bankenfinanzierung.
Einbehaltene Gewinne und klassische Bankkredite sind nach wie vor die zentralen Säulen der Finanzierung im Mittelstand. Dennoch nehmen alternative Finanzierungsformen zu. Diesen Trend haben sich die Banken zu großem Teil selbst zuzuschreiben. Denn in Krisenzeiten werden Bonitätsnachweise und Sicherheiten dermaßen erhöht, dass gerade kleinere Unternehmen belastbare Wege suchen, unabhängiger von Fremdkapital zu werden.
Während der Bankenkrise wurden viele Mittelständler durch extrem zurückhaltende Kreditvergabe in die Erkenntnis gezwungen, dass Investitionen, die zu überwiegendem Teil durch Fremdkapital finanziert sind, äußerst gefährlich werden können. Sie haben gelernt, sich von Fremdkrediten unabhängiger zu machen. Viele haben ihr Eigenkapital gestärkt oder alternative Finanzierungformen gesucht und gefunden. Leasing, Factoring, öffentliche Fördermittel - kurz: ein neuer, bankenunabhängiger Finanzierungsmix ist das Ergebnis rigider Vergabepolitik.
Laut Banken-Barometer sehen 75 Prozent der befragten Unternehmer deutlichen Handlungsbedarf, ihre Finanzsituation im speziellen und ihre Bankensituation im Allgemeinen zu stärken. Rund die Hälfte fühlt sich über die Gründe für eine Kredit Zu- oder Absage nicht ausreichend informiert, knapp 60% erhalten zu wenig Informationen über die jeweiligen Vergaberichtlinien und können sich auf das Gespräch mit ihrem Bankberater nur unzureichend vorbereiten.
Diese Gründe, wie auch gravierenden Ertragsrückgängen durch die Tiefzinsphase und enge gesetzliche Bestimmungen zum Mindesteigenkapital, bankenaufsichtliche Überprüfungsprozesse und Basel III sind das Eine. Mangelende, zukunftsorientierte Strategien alter Bankhäuser wie das Erstarken von sogenannten „Fintechs“ als innovative, digitalisierte und kostengünstige neue Mittelstandsfinanzierer das Andere.
Es gilt, Rahmenbedingungen für die Mittelstandsfinanzierung mit innovativen Finanzierungsinstrumenten zu verbessern und zukunftsträchtige, flexible Alternativen zu erschließen. Klassische Finanzierungsmechanismen müssen auf den Prüfstand, Förderinstitutionen sind gerade dann gefragt, wenn die Finanzierungsbedingungen schwieriger werden. Natürlich müssen auch Mittelständler verstärkt einerseits Alternativen zum Bankkredit suchen, andererseits aber auch härtere Ratings als Chance nutzen, Schwachstellen zu identifizieren und aufzulösen.
Maßgeschneiderte Finanzierungskonzepte sind insbesondere bei Nachfolgeregelungen, Wachstum oder Internationalisierung gefragt. Damit diese greifen können, müssen auch die wirtschaftlichen Auswirkungen von Steuern- und Abgaben auf langfristige Finanzierungspläne so gering wie möglich gehalten werden.