in die adhoc Arena Jena
Peter Fraensemeier
Die Geschäftsführende Gesellschafterin von Die Personalmanufaktur GmbH im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.
Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin/Führungskraft zu werden?
Das hat sich ergeben. Ich habe an der Dualen Hochschule studiert und hatte somit die Möglichkeit, in meinem Ausbildungsbetrieb alle Abteilungen zu durchlaufen. Das Jobangebot beim Abschluss hieß dann „Elternzeitvertretung Personalsachbearbeitung und kaufmännische Ausbildungsleitung.“ Gerade der letzte Teil hat mir gut gefallen, weil ich selbst einen frischen Eindruck von der Ausbildungsorganisation hatte und somit einen aktiven Bezug. Wir hatten damals um die 15 kaufmännischen Azubis über 3 Ausbildungsjahre hinweg, also doch eine schöne Verantwortung mit 22 Jahren als Berufsanfänger. Ich habe schnell gemerkt, dass der Personalbereich „mein Ding“ ist und mir die Arbeit Spaß macht. Und so nahm meine Berufskarriere dann ihren Lauf. Ich wurde gefördert, konnte über die IHK die Weiterbildung zur Personalfachkauffrau absolvieren und mich in die Rolle der Personalreferentin entwickeln. Mit 28 Jahren wurde mir dann die Rolle der Personalleitung angeboten und ich habe „ja“ gesagt.
Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen.
Absolut ja, ich würde den Weg genauso wieder gehen. Ich habe es immer als Vorteil empfunden, den Personalbereich von der Pike zu kennen, inklusive Entgeltabrechnung, Stammdatenpflege im System, Meldungen erfassen, Wiedervorlagen zu pflegen etc. Tatsächlich haben mich damals einige gefragt, warum ich eine befristete Sachbearbeiterstelle annehme mit Studium und auch später „nur“ eine IHK-Weiterbildung belege als nächsten Schritt. Ich selbst habe es nie so empfunden, als wäre das „unter Niveau“. Das gibt es in meiner Welt eh nicht, alle Arbeit ist wichtig und trägt zum Unternehmenserfolg bei. Die Bereiche und Inhalte waren neu für mich und haben mich interessiert, ich wollte dazulernen, deshalb hat es für mich gepasst. Das Thema „man lernt nie aus“ ist mir bis heute erhalten geblieben. Eine fundierte Wissensbasis und Praxiserfahrung zu haben, gerade heute als selbständige Beraterin, ist absolut hilfreich und aus meiner Sicht unersetzlich.
Welche Entscheidung würden Sie für sich als Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?
Da muss ich an 2 Aspekte denken. Einmal war ich damals sehr unsicher, die Personalleitung im eigenen Team zu übernehmen. Ich war die jüngste im Personalteam mit der wenigsten Berufserfahrung. Von der Kollegin zur Vorgesetzten, das ist kein einfacher Weg und ich hatte großen Respekt vor dieser Aufgabe. Nicht nur inhaltlich, sondern auch wegen der Rahmenbedingungen. Sie müssen sich vorstellen: die Automobilindustrie ist eine „Männerdomäne“, sehr hierarchisch, sehr traditionell. Ich war mit Abstand die jüngste und dazu noch die einzige Frau am Standort auf Ebene der Vice Presidents und Directors. Wären da nicht andere vor mir an der Reihe? Diese Frage habe ich damals mit einer guten Arbeitskollegin besprochen. Sie sagte: „Wenn dir Entscheidungsträger diese Aufgabe zutrauen, dann solltest du auch selbst dieses Vertrauen in dich haben. Dass du keine Erfahrung in dieser Rolle mitbringst, wissen doch alle.“ Da war etwas dran. Und mit dieser Entscheidungsgrundlage habe ich mich dann ins kalte Wasser begeben. Ich war immer wieder mit Situationen konfrontiert, in denen ich meinen eigenen Weg finden musste. Ich war auf Austausch angewiesen, auf die Unterstützung durch die Fachkompetenz in meinem Team und ich musste auch vieles nachlesen. Im Nachhinein waren dies jedoch immer die Situationen, in denen ich am meisten gelernt und mitgenommen habe.
Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?
Da gab es einige. Die betriebsbedingte Kündigung einer Leitenden Angestellten mit sofortiger Freistellung ist mir jedoch besonders in Erinnerung geblieben. Es war meine erste Kündigung in meiner Rolle als Personalreferentin und der Plan war der, dass ich gemeinsam mit dem damaligen Personalleiter an den Standort fahre und ich den Prozess begleite, und etwas dazu lernen kann. Der Personalleiter war jedoch über Nacht erkrankt. Und so bin auf dessen Weisung hin und einem „Telefonbriefing“ alleine gefahren, damit wir die eingeplante Kündigungsfrist wahren konnten. Die Person war über 30 Jahre im Unternehmen und saß entsprechend im Sattel, es gab keinerlei Vorabinformationen. Dieses Wasser war eisig kalt…
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?
Mit Unternehmenskulturen, Arbeitgeberattraktivität, Personalführung und operativen Personalthemen, wie z. B. transparente Entgeltstrukturen oder aktuell steht auch bei einigen Firmen das Thema Trennungsmanagement im Fokus. Darüber hinaus habe ich kürzlich die Leitung des Kompetenzforums Personal und Führung beim Beratungsnetzwerk Mittelstand des BVMW übernommen. Hier bieten wir Beratungssuchenden eine vertrauenswürdige Anlaufstelle auf hohem Niveau.
Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?
Ich bin ein stark ergebnisorientierter Mensch. Mich motiviert, was funktioniert. Die größte Wertschätzung erfahre ich durch entsprechendes Feedback, wenn etwas erreicht oder geschafft werden konnte.
Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen Unternehmerinnen oder Gründerinnen/Führungskräften mitgeben?
„Wollen kommt immer vor Können“ und „hinter jedem Erfolg steht ein Einsatz“. Es lohnt sich, immer dranzubleiben, auch mal mutig sein im Ausprobieren, „wagen Sie Experimente“ sag ich gerne, Zeit in Netzwerk zu investieren und sich bewusst zu sein, dass es immer etwas dazuzulernen gibt. Immer.
Gleichzeitig lohnt es sich aber auch immer, darüber nachzudenken, welche Kompetenzen man zu welchem Zeitpunkt braucht. Alles immer selbst machen, wissen und können zu wollen ist selten sinnvoll und effektiv. Man sollte hier eine ehrliche Abschätzung für sich selbst machen, was Sinn macht und was nicht. Schnell verfügbares Expertenwissen in jegliche Richtungen gibt es z. B. in den Kompetenzforen des BVMW.
Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt Female Empowerment und geben Ihren Mitarbeiterinnen Rückenwind?
Wir als Personalmanufaktur sind jetzt nur zu dritt. In meinen Rollen als Personalleiterin habe ich Frauen immer ermutigt, sich intern auf Führungspositionen zu bewerben und sich selbst etwas zuzutrauen – auch, wenn nicht alle Kriterien der Jobausschreibung erfüllt werden.
Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Unternehmerinnen und der Entwicklung von Frauen in Unternehmen im Allgemeinen ...
…, dass funktionierende Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, um so die Chancengleichheit zu verbessern.
Aber wenn ich ehrlich bin, bin ich kein Fan davon sich auf die Politik zu verlassen oder darauf zu warten, dass von der Politik funktionierende Lösungen präsentiert werden. Viel mehr möchte ich die Arbeitgeber ermuntern, selbst an den Stellschrauben zu drehen, die im Circle of Influence liegen, z. B. durch die Schaffung von Kinderbetreuungspatenschaften in der Region (Arbeitgeber hat fixe Kontingente in KITAs und Kindergärten) oder eigene Kinderbetreuungsmöglichkeiten aufzubauen, z. B. auch in einem regionalen Unternehmensverbund, finanzielle Unterstützungen anzubieten, flexible Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle sowie Job-Sharing-Möglichkeiten zu schaffen, interne Mentoring Programme für Frauen etc.
Womit schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrem Arbeitsalltag?
Wann immer es möglich ist, gehe ich raus in die Natur. Am liebsten auf eine Bergtour. Da habe ich in Freiburg mit unserem Schwarzwald, aber auch mit Österreich, der Schweiz und Südtirol „nebenan“ natürlich ein El Dorado.
Was wäre der Soundtrack zu Ihrem Weg in die Selbstständigkeit/ zur Führungskraft?
„Erfolg ist kein Glück“, von KontraK.
Was macht Sie zu einer guten Chefin?
Ich stelle Fragen und höre zu.
Am meisten begeistert mich an meinem Beruf…
…, dass ich Ergebnisse sehe und abwechslungsreiche Themenstellungen bearbeiten kann.
Was hat Sie während Ihrer Selbstständigkeit/als Führungskraft am meisten überrascht?
Wie wenige Führungskräfte wirklich bereit sind, sich mit den Persönlichkeiten in Ihrem Team ernsthaft auseinanderzusetzen und Zeit für aktive Kommunikation zu investieren. Viele berichten, dass Ihnen der Umgang mit Mitarbeitenden eher lästig ist. Diese Haltung finde ich als Führungskraft eher schwierig… Andere berichten, dass sie maximal 10 Prozent der Zeit „bekommen“, die aktiv in Führungsaufgaben fließt. Auf der anderen Seite wissen wir, wie wichtig vielseitig besetzte Teams sind. Diversität macht Unternehmen resilient und innovationsstärker – beides so wichtige Faktoren in unserer Zeit.
Annette Näher
Die Personalmanufaktur GmbH
https://www.diepersonalmanufaktur.de/