Neue Veranstaltungsreihe des BVMW
Bianka Rössler
Die Geschäftsführerin der Rössler Linie GmbH & Co. KG im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.
Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin/Führungskraft zu werden?
Ich bin in ein traditionsreiches Familienunternehmen hineingewachsen, das ich nun in der 7. Generation leite. Schon früh habe ich gelernt, was es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und die Werte eines Unternehmens nicht nur zu bewahren, sondern auch weiterzuentwickeln. Mein Motto lautet: „Tradition ist die Weitergabe des Feuers, und nicht die Anbetung der Asche.“ Genau das treibt mich an – die Geschichte meines Unternehmens lebendig zu halten, während ich gleichzeitig neue Impulse setze.
Dabei ist es mir besonders wichtig, meiner Tochter und meinem Enkel vorzuleben, dass es nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine große Bereicherung ist, selbstständig zu sein. Unternehmertum bietet die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, kreative Ideen umzusetzen und etwas Bleibendes zu schaffen.
Durch mein Handeln möchte ich ihnen zeigen, dass Tradition nicht Stillstand bedeutet, sondern eine Basis für Innovation und Fortschritt sein kann. Mein Ziel ist es, ihnen die Leidenschaft und den Stolz auf das Familienerbe zu vermitteln, damit sie eines Tages ebenfalls mit Freude und Verantwortung diesen Weg gehen können.
Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen?
Ich würde denselben Weg wieder gehen. Jede Herausforderung hat mich stärker gemacht und mir gezeigt, wie wichtig es ist, mutig und offen für Veränderungen zu bleiben.
Welche Entscheidung würden Sie für sich als wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?
Die wegweisendste Entscheidung in meinem Leben war, mit 21 Jahren mein Rheinpatent zu machen und die Verantwortung für unser Familienunternehmen zu übernehmen. Zu diesem Zeitpunkt stand mein Vater noch im Hintergrund, aber ich wusste, dass ich mich als junge Frau in einer männerdominierten Branche behaupten musste.
Die Entscheidung war nicht immer einfach – es gab Herausforderungen und Momente des Zweifelns. Doch sie hat mich gelehrt, mutig zu sein, an meine Fähigkeiten zu glauben und mich nicht von Vorurteilen oder äußeren Meinungen bremsen zu lassen. Gerade als Frau in der Schifffahrt musste ich mir meinen Platz erarbeiten und mich immer wieder beweisen. Doch diese Erfahrung hat mich gestärkt und gezeigt, wie wichtig es ist, Verantwortung zu übernehmen und neue Wege zu gehen.
Heute bin ich stolz darauf, diesen Schritt gewagt zu haben, denn er hat den Grundstein für die Weiterentwicklung unseres Familienunternehmens gelegt und mich zu der Unternehmerin gemacht, die ich heute bin
Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?
Für mich gibt es nicht „die eine größte Herausforderung“. Als Unternehmerin steht man jeden Tag vor neuen, oft sehr unterschiedlichen Aufgaben – sei es wirtschaftliche Entscheidungen, Personalthemen, organisatorische Hürden oder äußere Einflüsse wie gesetzliche Veränderungen oder Krisen.
Jede dieser Herausforderungen ist individuell und fordert Flexibilität, Kreativität und Durchhaltevermögen. Genau das macht das Unternehmertum so spannend und abwechslungsreich. Es geht darum, sich ständig anzupassen, Probleme lösungsorientiert anzugehen und auch in schwierigen Zeiten den Überblick zu behalten.
Diese täglichen Herausforderungen sind für mich weniger ein Hindernis, sondern vielmehr eine Chance, zu wachsen und das Unternehmen weiterzuentwickeln. Sie gehören einfach dazu und machen den Reiz des Unternehmertums aus.
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?
Aktuell liegt mein Fokus auf der Weiterentwicklung unseres Unternehmens und der Anpassung an moderne Anforderungen. Besonders wichtig ist es mir, neue Ideen zu integrieren, wie wir unsere Schiffe und Angebote noch attraktiver gestalten können – sowohl für unsere Gäste als auch für besondere Events.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die nachhaltige Gestaltung unseres Betriebs, um Tradition und Innovation in Einklang zu bringen. Ich beschäftige mich intensiv mit Möglichkeiten, wie wir unsere Dienstleistungen umweltfreundlicher und zukunftsfähiger machen können, ohne dabei die Einzigartigkeit und den Charme unseres Familienunternehmens aus den Augen zu verlieren.
Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?
Die Dankbarkeit unserer Gäste, die positiven Rückmeldungen meiner Mitarbeitenden und das Vertrauen meiner Geschäftspartner bedeuten mir viel. Es ist besonders erfüllend, zu sehen, wie unser Unternehmen weiterwächst und Tradition und Innovation miteinander verbindet.
Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen Unternehmerinnen oder Gründerinnen/Führungskräften mitgeben?
Bleiben Sie authentisch und haben Sie keine Angst, neue Wege zu gehen. Netzwerke wie der BVMW können Ihnen dabei helfen, Inspiration und Unterstützung zu finden. Und vor allem: Glauben Sie an sich selbst und Ihre Vision!
Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt Female Empowerment und geben Ihren Mitarbeiterinnen Rückenwind?
Ich lebe Female Empowerment ganz unmittelbar vor. Durch mein tägliches Handeln möchte ich ein Vorbild sein und zeigen, dass Frauen auch in traditionell männerdominierten Branchen wie der Schifffahrt erfolgreich Verantwortung übernehmen können.
Für mich bedeutet Female Empowerment aber auch, meinen Mitarbeitenden – unabhängig von Geschlecht – zu zeigen, dass sie mit Engagement und Leidenschaft viel erreichen können. Ich schaffe eine offene und unterstützende Unternehmenskultur, in der jede*r die Möglichkeit hat, sich einzubringen und zu wachsen. So möchte ich nicht nur Frauen, sondern alle Mitarbeitenden motivieren und bestärken.
Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Unternehmerinnen und der Entwicklung von Frauen in Unternehmen im Allgemeinen ...
... konkrete Maßnahmen, die spürbare Erleichterungen im Alltag von Unternehmerinnen bringen. Dazu gehören flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten und steuerliche Entlastungen, die es Frauen einfacher machen, Beruf und Familie zu vereinen.
Ebenso wünsche ich mir eine Senkung der Lohnnebenkosten, um Unternehmen die Einstellung neuer Mitarbeitender zu erleichtern, und einen spürbaren Bürokratieabbau. Weniger administrative Hürden würden es gerade kleineren und mittelständischen Unternehmen ermöglichen, sich stärker auf ihr Kerngeschäft und auf Innovationen zu konzentrieren.
Diese Schritte würden nicht nur Frauen in Führungspositionen entlasten, sondern auch dazu beitragen, dass mehr Frauen den Schritt in die Selbstständigkeit oder in verantwortungsvolle Positionen wagen.
Was wäre der Soundtrack zu Ihrem Weg in die Selbstständigkeit/zur Führungskraft?
„It’s My Life“ von Bon Jovi. Dieser Song steht für Kampfgeist, Selbstbestimmung und die Entschlossenheit, das Leben nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Mit Zeilen wie „I just want to live while I'm alive“ passt er perfekt zu meinem Weg in die Selbstständigkeit. Er erinnert mich daran, dass ich für meine Träume kämpfen und auch in schwierigen Zeiten an meinen Zielen festhalten muss.
Ein guter Tag beginnt für mich…
…mit einem leckeren Kaffee, einem klaren Kopf und dem Blick auf den Rhein – voller Vorfreude auf die Möglichkeiten und Herausforderungen, die der Tag mit sich bringt.
Wie stehen Sie zum Thema Gendern?
Ich finde, dass Sprache eine wichtige Rolle spielt, wenn es darum geht, Gleichberechtigung und Vielfalt zu fördern. Allerdings sollte das Gendern praxisnah und nicht dogmatisch umgesetzt werden. Es ist wichtig, eine Sprache zu finden, die alle einbezieht, aber gleichzeitig authentisch und verständlich bleibt.
In meinem Unternehmen und Umfeld setze ich auf respektvolle Kommunikation, die die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegelt. Ob mit oder ohne Gendersternchen – der Ton und die Haltung dahinter sind entscheidend. Mir ist wichtig, dass sich jeder Mensch wertgeschätzt fühlt, unabhängig von sprachlichen Formalitäten.
Wer hat Sie am meisten inspiriert und warum?
Am meisten inspiriert hat mich mein Vater. Er hat mir nicht nur die Leidenschaft für unser Familienunternehmen und die Schifffahrt vorgelebt, sondern auch gezeigt, was es bedeutet, Verantwortung zu tragen und zugleich menschlich zu bleiben.
Seine Fähigkeit, Tradition mit Innovation zu verbinden, hat mich immer beeindruckt. Obwohl er in einer anderen Zeit geführt hat, hat er mir Werte wie Durchhaltevermögen, Respekt und den Mut, Entscheidungen zu treffen, vermittelt.
Sein Vertrauen in mich – auch in schwierigen Momenten – hat mir die Stärke gegeben, meinen eigenen Weg zu gehen und als Frau in einer männerdominierten Branche meinen Platz zu finden. Seine Einstellung prägt mich bis heute, und dafür bin ich ihm unendlich dankbar.
Womit schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrem Arbeitsalltag?
Meine Arbeit ist so abwechslungsreich, dass ich oft gar keinen klassischen Ausgleich brauche – sie bringt mich selbst schon in viele spannende Situationen und Begegnungen.
Dennoch genieße ich die Zeit mit meiner Tochter und meinem Enkel, die oft mit auf dem Schiff sind. Es ist etwas Besonderes, Familie und Beruf so eng verbinden zu können. Außerdem bin ich gerne mit Freunden im Rheingau unterwegs, denn meine Heimat ist einfach wunderschön und bietet so viel zu entdecken. Nebenbei engagiere ich mich als Stadträtin und in verschiedenen Ausschüssen, um aktiv etwas für unsere Region zu bewirken.
Bianka Rössler
Rössler Linie GmbH & Co. KG
https://www.roesslerlinie.de