Das BVMW-Netzwerk für weibliches Unternehmertum
Dr. Stephanie Prinzessin zu Löwenstein
Die CEO der Unternehmensgruppe Fürst zu Löwenstein im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.
Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin/Führungskraft zu werden?
Ich bin CEO der Fürst Löwenstein Unternehmensgruppe und komme aus einer Unternehmerfamilie. Durch den plötzlichen Unfalltot meines Ehemanns wurde ich für den CEO-Posten eingesetzt.
Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen.
Zum CEO wurde ich ja unfreiwillig durch den Unfalltot meines Ehemanns. Tatsächlich bin ich Medizinerin. Wäre alles so gekommen, wie es leider gekommen ist, so würde ich es auch wieder so annehmen.
Welche Entscheidung würden Sie für sich als Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?
Unternehmerisch ist die Lernkurve sehr steil aus der Führungssituation heraus, in der man sich befindet. Diese Lernkurve endet nie, weshalb neben dem Operativen die Zeit des Mitarbeiteraustauschs und Weiterbildung essentiell ist. Das habe ich sehr schnell erkannt und bin dafür sehr dankbar, denn auf Beratung zu hoffen, ohne Grundkenntnisse, führt nicht zum Weiterkommen.
Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?
Das Einlassen auf andere Menschen und Menschengruppen. Ich habe ziemlich bald eine Art Agoraphobie entwickelt mit absoluter Abneigung, Menschengruppen zu treffen, auf Feste zu gehen usw., was durch meine 4 Kinder auf der einen Seite leicht war für Ausreden, auf der anderen Seite die Kinder und Mitarbeiter nicht beeinträchtigen sollte, weshalb ich mich trotz Abneigung mit viel Disziplin notfalls überwunden habe. Zum Glück wird das viel besser mit der Zeit.
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?
Mit der Zukunft!
Beispiele: Welche Weichen können wir jetzt im Sozialen für einen nachhaltigen Familienfrieden, im Beruflichen für eine gute Firmenübergabe, im Fachlichen für ein optimal digitalisiertes und umsetzbares Klimaanpassungsmanagement stellen. Auch bei Ehrenamt, Kirche, Interessensverbände, Gesundheit gibt es diese Fragestellungen.
Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?
Fast nur durch Erfolg in Form von Planungsumsetzungergebnissen. Sehr wenig durch Anerkennungsbekundungen, was dem Zeitgeist entspricht: Vertrauen und Anerkennung in fragilen Zeiten weichen Misstrauen, Skepsis und Fehlen von Begeisterung. Manchmal wächst auch der Neid bei Vergleichen, statt Empathie und Freude für einen anderen.
Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen Unternehmerinnen oder Gründerinnen/Führungskräften mitgeben?
Der Nächste ist Euer wichtigstes Gut. Keine Idee, keine Innovation, keine Planung lässt sich mit Freude und Erfolg umsetzen, wenn nicht alle Menschen um einen herum mitmachen. Das habe ich spät gelernt, weil ich die Alternative, nämlich mich von Menschen zu distanzieren, die den Erfolg bremsen (und ich spreche vom sozio-ökologischen Gesamterfolg, nicht nur von Geldgewinn), dieses Entlassen und Distanzieren, nicht drauf habe, da mir Empathie und fehlende Konsequenz im Weg stehen.
Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt Female Empowerment und geben Ihren Mitarbeiterinnen Rückenwind?
Erst einmal ein klares Statement: Ein Mann ist ein Mann und eine Frau ist eine Frau, hier gibt es nichts zu rütteln und hier bin ich ganz klar in der Ansprache. Leistung, Engagement und Schwächen sind individuell, also betrieblich am Ende des Tages nicht geschlechtsspezifisch. Aber die Rolle einer Frau und die Rolle eines Mannes, in deren beruflichen und privaten Leben, ist von ihrem Geschlecht geprägt, und zwar stark geprägt. Kindheit und Gegenwart usw. spielen auch eine Rolle, aber darüber hinaus auch die Biologie, die individuellen Erfahrungen und Entwicklungen, die gesellschaftliche Platzierung usw. Das Wissen und das Verständnis dafür bringe ich so stark wie möglich in jegliche Kommunikation mit ein, auch nonverbal. Niemand ist mehr oder weniger Wert, weil er Mann oder Frau ist, aber alle sind mehr Wert, weil sie sind, was sie sind. Ich danke meinen Eltern dafür, dass wir kein Thema gegen die Biologie diesbezüglich hatten, immer habe ich mich geliebt und verstanden gefühlt. Frauen sind anders als Männer, zum Glück. Und Männer sind anders als Frauen zum Glück.
Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Unternehmerinnen und der Entwicklung von Frauen in Unternehmen im Allgemeinen…
Weil getragene Verantwortung von Frauen und Männern erfolgreicher und wahrhaftiger ist. Allerdings nicht über Quoten zuerst, sondern erstmal nur durch pure Vernunftentscheidungen.
Welches Buch empfehlen Sie angehenden Unternehmerinnen/Führungskräften?
„FACTFULLNESS“
Wer hat Sie am meisten inspiriert und warum?
Mein Mann, meine Eltern und mein Schwiegervater: Alle haben sozial kaum Vorbehalte oder Einschränkungen, und mit dem gleichzeitigen steten Lernen neuer Sprachen (mein Mann und mein Schwiegervater) und neuer Gruppen sind sie immer überproportional reicher an menschlichen Erfahrungen geworden, was für eine Gnade und ein Geschenk!
Womit schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrem Arbeitsalltag?
Freizeit vor und nach dem Büro im Alltag bestehen bei mir aus Kindern, Hunde, Spaziergängen und Sport. Allerdings habe ich wenig Alltag, und so pfuschen mir Termine und Abendveranstaltungen sehr in meine Freizeit herein. Tatsächlich finde ich das aber völlig ok, denn jetzt kann ich noch viel leisten und bewegen, in 10 Jahren kann ich dann Freizeit vermehrt gestalten.
Was wäre der Soundtrack zu Ihrem Weg in die Selbstständigkeit/zur Führungskraft?
„The Wall“- Ich habe vor allem Bevormundung mit dem CEO-Job abschütteln können.
Ein guter Tag beginnt für mich mit…
… meinen Kindern, egal ob digital oder analog…
Wie bereiten Sie sich auf einen wichtigen Termin vor?
Chaotisch, viel über das Thema lesen, lernen, hören, anschauen, meist parallel mit einem Wust von Informationsmaterialien, dann alles auf das Wichtigste schrumpfen, dann 3 mal lesen, was ich sagen möchte.
Wer war Ihre wichtigste Begleitung auf dem Weg in die Selbstständigkeit/zur Führungskraft?
Unsere Mitarbeiter. Diese wussten ja, wo mein Platzt ist und wo ihrer und haben mir zugespielt, was natürlich nicht selbstverständlich ist und von dem ein oder anderen auch kritisch umgesetzt wurde. Aber am Ende war es sehr konstruktiv und das vorbildliche Vorgehen von Subsidiarität, wie es vor 100 Jahren von Papst Leo dem 13. im Rerum Novarum postuliert wurde und inzwischen als Unternehmensethik gelebt wird in vielen Unternehmen.
Warum ist ein starkes Netzwerk für Unternehmerinnen/Führungskräfte besonders wichtig?
Zum Lernen von sozio-ökologischen Zusammenhängen in der freien Marktwirtschaft
Was macht Sie zu einer guten Chefin?
Ich hoffe, meine Empathie, mein Humor und meine Nachdenklichkeit. Konfliktlösungen gehören eher zu meinen Schwächen, Mut auch…Hier brauche ich noch viel Stress- und Muttraining.
Was wird Ihr nächstes Projekt?
Die Aufstellung von Zukunftsstrukturen in 2 Bereichen: „neuDigitalisierung“, „neuMarketing“ und gleichzeitig 3 neue Immobilienprojekte in die Nutzbarkeit bringen.
Am meisten begeistert mich an meinem Beruf?
Die gestalterischen Herausforderungen in einer noch freien Marktwirtschaft in einem noch freien, modernen Europa.
Was haben Sie von Ihrem Team gelernt?
Den Facettenreichtum von Menschen. In Familie, Freundeskreis und unter Medizinern finde ich mich durch Ähnlichkeiten wieder. In unserer Unternehmensgruppe und durch unser Unternehmen habe ich so viele unterschiedliche Begabungen, Interessen, Schicksale, Ambitionen, Verrücktheiten und Zielstrebigkeit kennen gelernt, dass ich nur staunen kann.
Gibt es eine Frage, die Sie gern einem Politiker oder einer Politikerin stellen würden?
Amtsmissbrauch – Wissen, Wahrheit und Wiedergabe: Mit welcher Entschuldigung werden diese 3 Prinzipien in Deutschland und in deutschen Medien zunehmend missachtet
Wem würden Sie diese Fragen stellen?
Herrn Habeck, ich glaube, reden kann man mit ihm sehr gut…
Wie stehen Sie zum Thema Gendern?
Eine Modeerscheinung. Gabs im barocken Zeitalter ähnlich mit den Kastraten. Als Naturwissenschaftlerin weiß man doch hoffentlich noch die komplexen Unterschiede zwischen weiblich und männlich. Dieses Wissen auf äußere Merkmale, die man sich zurecht operieren kann zu reduzieren und dann die Rhetorik anzupassen ist nicht vereinbar mit der Komplexität, die die moderne Wissenschaft darlegen kann im Jahr 2023, und nicht mit dem Leid, dass Menschen haben, die komplexe Identitätsstörungen haben. Echte Hilfe und Forschungsarbeit zur erfolgreichen Hilfe sollte hier im Vordergrund stehen.
Welchen Berufswunsch hatten Sie als Kind?
Chirurgin zu sein.
Was hat Sie während Ihrer Selbstständigkeit/als Führungskraft am meisten überrascht?
Wie hilfreich es ist, wenn man zuhören kann, was ich im Studium ja lernen konnte durchs Anamneseaufstellen von Patienten.
Dr. Stephanie Prinzessin zu Löwenstein
Unternehmensgruppe Fürst zu Löwenstein
www.loewenstein.de