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Themen

Unternehmertum
01.02.2023

Durch die Krise führen

Wie man in turbulenten Zeiten einen kühlen Kopf bewahrt und das Unternehmen krisenfest macht.

Um ein Unternehmen unbeschadet durch Zeiten der aktuellen Krisendiversität zu führen, wird von der Geschäftsleitung einiges abverlangt. Mittelständische Geschäftsführende fühlen sich häufig überfordert von der Führungsaufgabe und berichten von Stress-Symptomen.

Kolja A. Rafferty, Experte für Corporate Finance und Turnaround- Strategien von Leverage Experts, weiß, dass Krisen in Unternehmen nicht immer aus heiterem Himmel kommen. Oftmals können sie Ergebnis von einem „Modernisierungsstau“ sein. Gemeint sind schleichende, aber kumulierte Entwicklungen, die die Reputation des Unternehmens trüben können. So zum Beispiel immer wieder verschobene Innovationen, die die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen; reduzierte Marketingausgaben, die die Marktposition schwächen; nicht zeitgemäße Arbeitsbedingungen oder schlechte Führung, die die Arbeitgeberattraktivität mindern. Doch auf was kommt es an, um erfolgreich durch eine Krise zu navigieren?

Eine Krise im Unternehmen ist wie der Druckverlust in einer Flugzeugkabine.

Verantwortung annehmen und Expertenrat einholen

Auch wenn vieles zusammenkommt und man schnell ins Klagen gerät, am Ende ist immer die Geschäftsführung in der Pflicht, Krisen zu erkennen und sie idealerweise proaktiv zu vermeiden. Dabei können externe Experten helfen, frühzeitig den Status Quo des Unternehmens einzuschätzen und die Geschäftsleitung ruhig und erfahren durch Krisenzeiten zu steuern. Entscheidend ist, einen klaren Kopf zu bewahren und eine schonungslose Lagebeurteilung vorzunehmen. Experten rechtzeitig einzubinden, bleibt die vornehmste Aufgabe der Führungskraft.

In Anlehnung an das Vorgehen von Einsatzkräften fragen Sie sich immer:

  • Welche Gefahren sind für die Organisation erkannt?
  • Welche Gefahr muss zuerst und an welcher Stelle bearbeitet werden?
  • Welche Möglichkeiten bestehen für diese Gefahrenabwehr?
  • Vor welchen Gefahren müssen wir uns bei der Abwehr schützen?

Offenes Feedback geben und aktiv handeln

Die Geschäftsführung ist von hohen Belastungen im Krisenmanagement keineswegs ausgenommen. Die Haltung eines „Lonely Wolf“ oder den Glaubenssatz „Das stemme ich schon“ einzunehmen, der in mittelständischen Unternehmen verbreitet ist, ist selten die richtige Herangehensweise. In Krisensituationen als Vermittler zwischen internen und externen Stakeholdern zu fungieren, bedarf hoher emotionaler Resilienz und eines guten Urteilsvermögens, um sich derweil auch von einer Vorwurfshaltung von Gesellschaftern oder Aufsichtsrat abzugrenzen.

Eine häufige Reaktion von Führungspersonen ist eine vage Kommunikation, um schlechte Nachrichten zurückzuhalten und die Probleme stattdessen mit längeren Arbeitszeiten oder „Workarounds“ zu lösen. Dadurch werden Aufsichtsorgane häufig zu spät über das tatsächliche Ausmaß der Unternehmenskrise in Kenntnis gesetzt. Stattdessen sollte auf die Stärkung von Kommunikation und Kollaboration innerhalb des Führungsteams gesetzt werden. Es ist wichtig, Wahrheiten auszusprechen und sich in der Führungsleitung auch gegenseitig dazu zu ermutigen. Nicht jede Entscheidung in einer Krise sorgt für Beliebtheit. Sie ist aber notwendig zum Erhalt der Organisation.

Vorsorge treffen

Die Königsdisziplin ist es, es gar nicht zu einer Krise kommen zu lassen beziehungsweise die Organisation krisenstabil zu gestalten. Drei Merkmale sind dafür notwendig:

Resilienz – Die Fähigkeit des Unternehmens, auch negative Markttrends und disruptive Ereignisse zu absorbieren und das Geschäft aufrecht zu erhalten, ist ein wesentlicher Faktor für erfolgreiches Krisenmanagement. Dies beinhaltet operative Aspekte wie ausreichende Bevorratung kritischer Rohmaterialien, langfristige Kunden- und Lieferantenverträge, die Vermeidung von Klumpenrisiken, ausreichende Kapitalreserven oder Kreditlinien.

Agilität – Vorsorge ist besser als Nachsorge. Erkennen kritischer Trends durch geeignete Frühwarnsysteme erlauben die Anpassung von Geschäftsprozessen an diese. Je später die Reaktion erfolgt, desto mehr Flexibilität ist von der Organisation gefordert. So ist eine planmäßige Ressourcenanpassung häufig an arbeitsrechtliche Bestimmungen gebunden. Entsprechende Fristen können durch frühzeitige Reaktionen eingehalten oder Outsourcing verkürzt werden.

Führungskultur – Werte, Verbindlichkeit und Führungsverantwortung sind gerade in Krisensituationen das Fundament im Unternehmen. Neben finanziellen und strukturellen Maßnahmen wird in herausfordernden Zeiten die Leistungsbereitschaft aller Mitarbeiter benötigt. Gerade jetzt gilt es, alle relevanten Beziehungen zu stärken.

Es bedarf einer ständigen Neubewertung des gesamten Führungsund Beziehungssystems. Wegbrechende Kunden- und Lieferantenverbindungen können plötzlich zu dem ausschlaggebenden Ereignis werden, das ein Unternehmen ins Wanken geraten lässt.

Eine Krise im Unternehmen ist wie der Druckverlust in einer Flugzeugkabine: Agieren wir kopflos und ziehen nicht als erstes die Atemmaske auf, kann die Situation schnell lebensbedrohlich werden. Daher: In der Krise immer zuerst an die eigene mentale und körperliche Fitness denken. Denn mit einem müden Team geht man nicht in den „Turnaround“. Ein Geschäftsführer, der nicht in der Verfassung ist, mit all seiner Kraft und Konzentration das Unternehmen zu führen, wird es in Krisenzeiten nicht erfolgreich in eine stabile Zukunft führen können.

Gut zu wissen

  • Unternehmen, die ein strategisches Krisenmanagement umgesetzt haben, kommen im Durchschnitt 30 Prozent stabiler aus der Krise
  • Durch eine intransparente Krisenkommunikation verlieren Unternehmen durchschnittlich 25 Prozent ihres leistungsstärksten Personals
  • Das Vorhandensein und die Steuerung liquider Rücklagen ist der wichtigste Faktor, um Unternehmen widerstandsfähig gegenüber Krisen zu machen

Sandra Happel und Dr. Matthias Meifert sind vom Beratungsnetzwerk Mittelstand zertifiziert. Informationen für Beratungssuchende und interessierte Beratende unter: www.beratungsnetzwerkmittelstand. de oder Nick Willer: nick.willer@bvmw.de

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