Bundesgeschäftsführer Christoph Ahlhaus über die drei Vs des Erfolges und warum es besser ist, auch mal aufs Tor zu schießen, anstatt immer nur Querpässe zu spielen.
Mittelstand.: Sie haben im letzten Sommer das Amt des Bundesgeschäftsführers des BVMW übernommen. Hand aufs Herz: Hätten Sie sich den Job leichter vorgestellt?
Christoph Ahlhaus: (lacht). Nein, dafür kannte ich die Aufgabe zu gut. Ich war und bin mir jederzeit darüber im Klaren, was es in Zeiten von Wirtschaftskrise, Ampel-Chaos und tiefgreifender Transformation heißt, einen Verband zu führen, der für die Interessen der mittelständischen Unternehmen in Deutschland eintritt. Dass dies eine Tätigkeit ist, die anspruchsvoll, anstrengend und manchmal auch nervenaufreibend sein kann, ist keine Überraschung. Aber: Die Arbeit in der Bundeszentrale oder vor Ort bei unseren BVMWlern in den Regionen macht mir unglaublich viel Spaß.
Die Entscheidung, sich mit den Bauern-Protesten zu solidarisieren, war für viele Mitglieder „goldrichtig“ oder „überfällig“, andere haben sich darüber gewundert oder massiv geärgert.
Das war und ist mir bewusst. Aber wenn ich mir die überwältigenden positiven Reaktionen von Mitgliedern und Öffentlichkeit anschaue, muss ich sagen, dass wir mit der Entscheidung richtig lagen. Richtig deshalb, weil es an der Zeit war, der Bundesregierung und der deutschen Öffentlichkeit zu zeigen, dass der Unmut mit der Politik insgesamt inzwischen branchenübergreifend riesengroß geworden ist. Das heißt übrigens nicht, dass wir uns jede Position und jede Forderung der Bauern zu eigen machen, sondern nur, dass wir – wie viele andere in Deutschland – eine Politik wollen, die berechenbar ist und Unternehmertum fördert, anstatt es aus dem Land zu treiben.
Sehen Sie die Gefahr, dass der Verband durch die Teilnahme an Demonstrationen in das Fahrwasser radikaler Trittbrettfahrer gerät?
Wir beobachten die fortschreitende Radikalisierung in Politik und Gesellschaft unseres Landes mit Sorge. Darum sagen wir: Wer unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellt, muss mit dem entschiedenen Widerstand des unternehmerischen Mittelstandes rechnen. Unser Verband versteht sich als entschlossener Verteidiger der mittelständischen Struktur der deutschen Wirtschaft. Ihr über Generationen nachhaltiger Erfolg basiert auf Vielfalt in unterschiedlichster Hinsicht und ist Garant für Wohlstand, sozialen Frieden und damit einer starken, wehrhaften Demokratie in unserem Land. Wer Demokratie und Meinungsfreiheit in Frage stellt, greift den deutschen Mittelstand an.
Was heißt das für den Verband?
Im BVMW ist kein Platz für Feinde unserer Verfassung und unseres Rechtsstaats, und zwar unabhängig, ob von links, von rechts oder sonst woher. Ihnen gilt es, wo immer sie sich zeigen, mit allen rechtsstaatlichen Mitteln entgegenzutreten. Dies heißt aber auch, dass wir uns weder einschüchtern noch verbieten lassen, lautstark für die Interessen unserer mittelständischen Wirtschaft einzutreten, auch wenn Trittbrettfahrer und Extremisten versuchen, die Ausübung unserer Grundrechte zu diskreditieren. Wir zeigen Haltung. Denn es ist typisch mittelständisch, sich gerade dann kraftvoll zu engagieren, wenn sich andere wegducken. Darum übernehmen wir Verantwortung für unsere Gesellschaft, im Interesse des Mittelstands und für unsere Demokratie.
Bei der Bundestagung in Berlin hat man gemerkt, dass Sie für einen neuen Stil stehen. Wie würden Sie selbst diesen Stil beschreiben?
Ich bin nach vielen Jahren in der Politik, als Rechtsanwalt oder als Bundesgeschäftsführer des BVMW zu der Erkenntnis gelangt, dass wahrem, nachhaltigem Erfolg immer die gleichen Dinge zugrunde liegen. Für mich sind es die drei Vs: Vertrauen, Verlässlichkeit, Veränderung.
Was heißt das konkret?
Ohne Vertrauen geht gar nichts. Darum bin ich so dankbar, dass das Präsidium mir das Vertrauen geschenkt hat und ich auf ein Verbandsteam vertrauen kann, das in Berlin und in den Regionen mit mir an einem Strang zieht. Dass es dabei auch mal ruckelt, ist normal. Deshalb braucht es neben Vertrauen auch Verlässlichkeit – also ein Team, in dem sich jeder auf den anderen verlassen kann. Das dritte V steht für Veränderung. Nur wer bereit ist, sich dem Lauf der Zeit anzupassen, hat die Chance, in einer Welt im Wandel zu bestehen. Unsere Mitgliedsunternehmen wissen und leben das – wir müssen es ihnen gleichtun und akzeptieren, dass wir uns verändern müssen, wenn wir die Dinge, auf die es uns wirklich ankommt, bewahren wollen.
Und worauf kommt es Ihnen wirklich an?
Unsere Aufgabe ist es, Gegenwart und Zukunft des Mittelstandes zu sichern und aktiv zu gestalten. Die mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer garantieren unseren Wohlstand und sind die Säulen unseres Gemeinwesens und der Stabilität in Deutschland. Dafür müssen wir uns mit allem Nachdruck einsetzen.
Glauben Sie, dass der BVMW hierzu lauter werden muss?
Laut zu sein, ist noch kein Wert an sich. Wir müssen vor allem hörbar und sichtbar sein. Wer immer nur mit der Wucht eines Presselufthammers spricht, darf sich nicht wundern, wenn sich die Menschen die Ohren zuhalten. Allerdings: Everybody‘s darling is everbody‘s Depp. Kurz gesagt: Wer etwas durchsetzen will, darf nicht nur Querpässe spielen, sondern muss auch mal aufs Tor schießen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Lutz Kordges, Leiter Presse und Öffentlichkeitsarbeit Der Mittelstand. BVMW.