Grit Westermann

Grit Westermann

Themen

Unternehmertum
23.08.2024

Grit Westermann

Die Vorstandssprecherin der PSD Bank Berlin-Brandenburg und Geschäftsführerin der NAWIDA GmbH im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.

Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin/Führungskraft zu werden?

Ich habe vor 34 Jahren meine Tätigkeit in der damaligen Selbsthilfeeinrichtung – dem Post-Spar- und Darlehensverein der Berliner Postangehörigen – begonnen. In dieser Zeit sind wir von 27 auf rund 200 Mitarbeitende gewachsen und haben uns zu einer genossenschaftlichen Universalbank für Privat- und Firmenkunden mit eigenem Immobilienportfolio und Tochterunternehmen (z. B. NAWIDA) entwickelt. Im Rahmen dieser Aufbauarbeit habe ich meine Stärken wie strategisches und konzeptionelles Denken, Umsetzungs- und Überzeugungskraft gut nutzen und ausbauen können: Als ausgebildete Personalreferentin wurde ich schnell zur Personalleiterin, später Leiterin der Unternehmensentwicklung bis hin zum Vorstand.

Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen.

Nein, ich würde es genauso wieder tun. Ich konnte einen einzigartigen Weg gehen und dank vieler Unterstützer, Hartnäckigkeit, Lernbereitschaft und Neugier einen großen Beitrag für die Entwicklung der Bank leisten. Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit, unsere Mitglieder und Kunden im Wandel der Zeit nachhaltig zu binden und zu begeistern.

Welche Entscheidung würden Sie für sich als Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?

Ich hatte nie das Ziel, Vorstand dieser Bank zu werden. Aber als ich gefragt wurde, entschied ich mich dennoch für diesen Weg und die damit verbundene Verantwortung. Eine meiner wichtigsten Lehren ist: Je höher du kommst, desto wichtiger ist es, nah bei den Menschen zu bleiben – sie zu fördern und zu stärken. Ein guter Manager hat sehr gute Führungskräfte an seiner Seite. Eine klare Vision und Strategie, die gemeinsam entwickelt und umgesetzt wird, ist die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg und äußerst sinnstiftend. Nicht durch Druck und Anweisung, sondern durch Sinn, Sogwirkung und nachhaltiges Engagement können selbst die anspruchsvollsten Ziele erreicht werden. Um sich selbst, das Unternehmen und die Menschen weiterzuentwickeln, helfen Vertraute und Netzwerke beim Reflektieren und Optimieren.

Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?

Mit der größten Herausforderung meiner beruflichen Karriere bin ich zurzeit befasst. Als Vorstandssprecherin der PSD Bank Berlin-Brandenburg und Geschäftsführerin des Start-ups NAWIDA trage ich große Verantwortung für viele Mitarbeitende und für den Gesamterfolg beider Unternehmen. Das ist unter den Rahmenbedingungen von heute schwerer denn je: Corona, Ukrainekrieg, Energiepreissteigerung, Lieferkettenunsicherheit, starke Zinserhöhung, Fachkräftemangel, Turbolenzen in Aktienmärkten, politische Unsicherheit, etc. wirken insgesamt negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung von Deutschland – und damit auch auf Banken, den Mittelstand und Start-ups. Der Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Sicherheit, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit fordert derzeit alle Manager, so auch mich.

Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?

Derzeit arbeite ich gemeinsam mit meinem Vorstandskollegen und Führungsteam an strategischen Weichenstellungen für unsere Genossenschaftsbank. Die Geschäftsmodelle der Banken werden immer ähnlicher. Daher ist es für uns als verhältnismäßig kleine Bank wichtig, uns vom Wettbewerb abzuheben. Gerade im Hinblick auf den Aufbau des Firmenkundengeschäfts in unserer Bank liegt mein besonderes Anliegen darin, Unternehmerinnen und Unternehmer durch viel Netzwerkarbeit und Hebung von Synergien bei der Bewältigung der gemeinsamen Herausforderungen zu unterstützen. Dafür haben wir unsere Tochtergesellschaft NAWIDA gegründet. Die Zukunftsplattform unserer Tochtergesellschaft NAWIDA bietet auch den Mitgliedern des BVMW große Mehrwerte.

Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?

Die größte Wertschätzung empfinde ich, wenn gemeinsam gefundene Lösungen umgesetzt, gemeinsam erarbeitete Wege gegangen und gemeinsame Visionen real werden. Ich habe wunderbare Kollegen, Kunden und Geschäftspartner an meiner Seite. Die Offenheit, die Inspiration, die Lösungen und das Vertrauen, dass wir uns gegenseitig geben, empfinde ich als sehr besonders.

Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen Unternehmerinnen oder Gründerinnen/Führungskräften mitgeben?

Es ist wichtig, sich große Ziele zu setzen und sie konsequent zu verfolgen. Wenn es schwierig ist, dranbleiben und kreativ sein, um die richtigen Wege zu finden. Dafür unbedingt Mitstreiter und Vertraute gewinnen, sich immer wieder reflektieren und kritisch hinterfragen.

Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt Female Empowerment und geben Ihren Mitarbeiterinnen Rückenwind?

Jeder unserer Mitarbeitenden hat die gleichen Chancen auf Förderung und Entwicklung. Fähigkeiten, Potenziale, Ehrgeiz und Persönlichkeit sind entscheidend für die Karriere. Mobiles Arbeiten und flexible Arbeitszeiten unterstützen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ich werde oft von Frauen gefragt, wie ich es geschafft habe, Vorstand zu werden. Ich teile gerne meine Erfahrungen und unterstütze. Da spiele ich sehr gerne den Türöffner, durchgehen muss aber jeder selbst.

Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Unternehmerinnen und der Entwicklung von Frauen in Unternehmen im Allgemeinen ...

Die Schaffung von Rahmenbedingungen, um Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Die Doppelbelastung von Beruf und Familie muss reduziert werden.
Es braucht mehr professionelle Kinderbetreuung, die Eltern ein gutes Gefühl gibt. Ich selbst bin kein Anhänger von Quoten. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen und es gute Vorbilder gibt, werden Frauen mehr Selbstvertrauen entwickeln und den Spagat von Beruf und Familie besser meistern. Ich bin in Potsdam geboren und somit in den neuen Bundesländern aufgewachsen. Neben zahlreichen Problemen gab es etwas Gutes. Männer und Frauen machten gleichermaßen Karriere. Die Betreuung der Kinder war optimal gelöst und beide Geschlechter wurden gefördert. Ich finde, da kann die heutige Politik in diesem Punkt durchaus noch etwas lernen.

Welches Buch empfehlen Sie angehenden Unternehmerinnen/Führungskräften?

„Big Five for Life“ von John Strelecky und „Der Weg zu den Besten“ von Jim Collins.

Womit schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrem Arbeitsalltag?

Wenn ich mal Zeit habe, male ich gern, insbesondere großformatige Bilder. Malen hat etwas von Meditation, es macht den Kopf frei. Es fördert Kreativität und die Konzentration auf das Wesentliche.

Wer war Ihre wichtigste Begleitung auf dem Weg zum Vorstand?

Mein damaliger Vorstandsvorsitzender hat mich sehr gefördert. Ich bekam Verantwortung, Freiraum, Weiterbildungen und den Rücken gestärkt. Aber auch meine damals engsten Vertrauten im Führungsteam gaben mir viel Feedback, Unterstützung und Vertrauen. Das taten wir gegenseitig.

Warum ist ein starkes Netzwerk für Unternehmerinnen/Führungskräfte besonders wichtig?

Aus einem guten Netzwerk kann jeder profitieren. Gegenseitige Hilfe durch Feedback, Kontaktvermittlung, gemeinsame Ideen- und Lösungsfindung, Sicherheit durch Gemeinschaft, Synergien heben und die Informationen über andere Branchen erhalten etc.: Neueste Entwicklungen und das Wissen anderer unterstützen die persönliche Weiterentwicklung. Das kann einen hohen Nutzen für das eigene Business bieten.

Welchen Berufswunsch hatten Sie als Kind?

Ich wollte immer Kriminalistik studieren und einen Beitrag für mehr Gerechtigkeit leisten. Mit meinen heutigen Möglichkeiten kann ich auch viel Positives bewirken, sodass mein heutiger Beruf sehr erfüllend ist. Zumal ich noch diverse Ehrenämter habe, die helfen, einen positiven Beitrag in der Gesellschaft zu leisten.

Infos zur Person

Grit Westermann

Infos zum Unternehmen

PSD Bank Berlin-Brandenburg
www.psd-bb.de/

  • Gründungsjahr: 1872
  • Branche: Finanzdienstleistungen
  • Firmensitz: Berlin
  • Mitarbeitende: 202
  • Mitgliedschaft: Bundeswirtschaftssenat des BVMW

NAWIDA GmbH
www.nawida.de

  • Gründungsjahr: 2021
  • Branche: Plattform
  • Firmensitz: Berlin
  • Mitarbeitende: 23

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