Das BVMW-Netzwerk für weibliches Unternehmertum
Ingrid Hofmann
Die geschäftsführende Alleingesellschafterin der I.K. Hofmann GmbH im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.
Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?
Ich war Anfang der 80er Jahre in einem Schweizer Personaldienstleistungsunternehmen, das auch hier in Deutschland tätig war. Ich wollte mich weiterentwickeln und meine Karriereschritte mit meinem Vorgesetzten planen, der durchaus offen dafür war. Aber im Gesamtunternehmen war man auf diese Art Personalentwicklung von Frauen noch nicht eingestellt. Ich hatte das Gefühl, ich stoße an eine gläserne Decke. Das war für mich der Anlass, mich selbstständig zu machen.
Welche Entscheidung würden Sie für sich als die Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?
Ich habe einmal ein sehr spannendes Management Seminar besucht, welches sieben Tage dauerte und dazu diente, sich mit seinen eigenen sich selbst gesetzten oder anerzogenen „Grenzen“ auseinanderzusetzen, bzw. diese auch einzureißen oder zu überspringen. Eine wichtige Entscheidung war sicherlich auch, Familie, Kind und Beruf bestmöglich miteinander verbinden zu wollen.
Was ist Ihre persönliche Motivation? Auto, Macht und Geld haben sich in der jüngeren Generation überholt. Was treibt Sie täglich an?
Ich mag Autos sehr und habe Spaß daran, ein schönes Auto zu fahren. Ich habe auch nichts dagegen, Geld zu verdienen. Geld hat für mich keinen Selbstzweck. Es sollte arbeiten. Ich habe nie Ausschüttungen vorgenommen, sondern stets reinvestiert und eine gute Eigenkapitalquote aufgebaut. Das kommt mir in Krisenzeiten zugute. Mit Geld bezahle ich die Gehälter meiner Mitarbeiter, investiere in den Aufbau meines Unternehmens, unterstütze soziale Einrichtungen, bezahle eine schöne Reise, gönne mir Kultur oder besondere Restaurantbesuche…
Und Macht gefällt mir auch. Macht bedeutet, etwas bewegen zu können, mit den richtigen Entscheidungen ein Unternehmen entwickeln zu können, Einfluss zu nehmen. Man kann Macht sehr positiv nutzen, oder eben missbrauchen. Ich nutze meine Macht, soweit man das so nennen kann, um meine Vision umzusetzen. Ich möchte möglichst viele Menschen in Arbeit bringen und Unternehmen in ihrer flexiblen Personalpolitik unterstützen.
Welche Werte zeichnen Sie als Unternehmerin aus?
Eine interessante Frage. Ich pflege eine gelassene Achtsamkeit im Umgang mit Menschen, Situationen und Problemen. Ich respektiere und schätze die Persönlichkeit eines jeden und seine Individualität und hole mir gerne den Input meiner Mitarbeiter ab. Es gibt immer Veränderungen, Neuerungen oder andere Perspektiven. Ich bin neugierig und lernwillig; möchte „am Puls der Zeit bleiben“. Das hilft mir in meiner Entscheidungsfindung. Ich bin fleißig und diszipliniert. Nicht der einmalige Einsatz an Energie bewirkt den Erfolg, sondern der kontinuierliche Krafteinsatz über längere Zeit hinweg. Ich sage immer: Erfolg heißt TUN! Es ist die Ausdauer im TUN, die viel zum Erfolg beiträgt.
Was macht aus Ihrer Sicht den Mittelstand und Familienunternehmen so besonders?
Die hohe Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen; der unbedingte Wille, das eigene Unternehmen zu entwickeln und zwar mit den Mitarbeitern gemeinsam. Die Verbundenheit mit der Region. Auch wenn viele deutsche mittelständische erfolgreiche Unternehmen international agieren, legen sie doch großen Wert auf Verbundenheit mit ihrem Standort und engagieren sich auf unterschiedliche Weise für das Gemeinwohl.
Die Coronakrise hat/hatte alle im Griff – wie meistern Sie Krisen im Allgemeinen?
Zunächst sammele ich kontinuierlich alle Informationen, die ich bekommen kann, um mir ein Bild zu machen. Ich diskutiere umfassend mit den Führungskräften und handele zunächst nur in kleinen notwendigen Schritten, nicht übereilt. Hektik bringt gar nichts. Wenn ich die nach meiner Einschätzung richtige Strategie erkannt habe, geht es allerdings straight in die Umsetzung. Und dann wird auch das Tempo wieder erhöht.
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv, was ist derzeit ein großes Projekt von Ihnen in Ihrem Unternehmen?
Im Moment beschäftigt mich natürlich das Thema Covid 19 und die Umsetzung aller Maßnahmen, um das Unternehmen gut durch die Zeit zu führen bzw. im Hinblick auf zu erwartende Veränderungen grundsätzlich neu aufzustellen. Wir müssen Prozesse anpassen, denn Corona hat einiges verändert wie z. B. die starke Zunahme mobilen Arbeitens. Das betrifft besonders unser kaufmännisches Personal.
Arbeitnehmerüberlassung ist zwar unser Kerngeschäft, aber die Personalvermittlung ist ein Segment, das wir ausbauen. Darauf spezialisiert ist unsere Business Unit namens eXperts und unser Tochterunternehmen Heinrich und Coll.
Parallel ist es fraglos die Digitalisierung; ein permanenter Prozess, der vor allem mit Investitionen verbunden ist, die sich letztendlich auszahlen müssen. Das muss man immer wieder abwägen.
Welche Ziele sollte die Politik hinsichtlich der Frauenförderung in der Wirtschaft setzen? Welche Ziele sind realistisch?
Grundvoraussetzung bleibt die flächendeckende Kinderbetreuung und ein Schulsystem, das Eltern nicht zu Hilfslehrern macht. Das wird immer wieder aus den Augen verloren, ist aber eine ganz wichtige Grundlage. Ansonsten ist dieses Thema so ungeheuer komplex, weil viele Aspekte mit hineinspielen. Rollenverständnis, Erziehung, der Wille, Führungspositionen einnehmen zu wollen, Machtspiele, unterschiedliche Auffassungen… Wenn ich eine zuverlässige Lösung hätte, wie wir Frauen in Führungspositionen bringen und vor allem halten können, würde ich sie als Geschäftsidee umsetzen.
Haben Sie ein persönliches Vorbild, wenn ja, wer ist das?
Mein Vorbild war unser ehemaliger Außenminister Hans Dietrich Genscher. Ich habe seine Diplomatie in schwierigen Situationen bewundert. Ich hatte auch einmal die wunderbare Gelegenheit, ihn in einem Hotel in Halle zum Mittagessen zu treffen und ihm Fragen stellen zu dürfen.
Wie ermutigen Sie Frauen sich für den unternehmerischen Weg zu entscheiden?
Ich gehe gerne zu Veranstaltungen, die das Thema „Frau und Karriere“ pushen. Bei Anfragen, ob ich einen Vortrag halten oder an einer Diskussionsrunde teilnehmen kann, sage ich immer zu, wenn ich es irgendwie einrichten kann. Ich habe verstanden, dass ich Frauen durch meine Geschichte motivieren kann und das freut mich. Ehrlich gesagt würde ich überhaupt gerne Menschen motivieren, sich selbstständig zu machen.
Wir brauchen Unternehmer, ob männlich oder weiblich, jung oder alt, in welcher Branche auch immer. Dieses Land lebt von einer agilen, mittelständisch geprägten Wirtschaft. Und wenn ich bedenke, welche negativen Auswirkungen dieser Lockdown nicht nur auf die Wirtschaft hat, kann ich nur hoffen, dass politisch Verantwortliche mit viel Augenmaß weitere Entscheidungen treffen.
Welche Botschaft möchten Sie anderen Unternehmerinnen mitgeben?
Ich durfte schon viele Frauen kennenlernen, die ein Unternehmen erfolgreich führen. Mir würde gefallen, wenn diese noch viel stärker in der Öffentlichkeit präsent wären.
Der Traum, Managerin einer Orchideenplantage zu werden, endete in der Gründung einer der größten Personaldienstleister Deutschlands
Ingrid Hofmann, Geschäftsführende Alleingesellschafterin der I.K. Hofmann GmbH, Nürnberg Geboren: 21. März 1954 in Hiltpoltstein/Oberfranken.
Im Alter von 31 Jahren gründet Ingrid Hofmann 1985 in Nürnberg die I.K. Hofmann GmbH, auch Hofmann Personal genannt. Es ist ein Personaldienstleistungsunternehmen, das mit rund 90 Standorten in Deutschland zu den fünf größten der Branche zählt. Mit den Tochterfirmen in Italien, Österreich, Schweiz, Slowakei, Tschechien und USA beschäftigte das Unternehmen derzeit durchschnittlich 20.100 Mitarbeiter.
Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung sind ihre Mitarbeiter u.a. in den Branchen Metall und Elektro, Automotive und Energiewirtschaft tätig. Kaufmännisches Personal, gewerblich/technisches Personal, aber auch High Potentials wie Ingenieure und IT-Spezialisten werden an die Kundenbetriebe überlassen oder vermittelt.
Neben Auszeichnungen wie „Bayerns Best 50“ oder dem Bayerischen Qualitätspreis zählt das Unternehmen seit 2008 durchgängig zu den hundert besten Arbeitgebern Deutschlands. Dazu beigetragen hat die regelmäßige Teilnahme am audit berufundfamilie. In 2010 und 2018 wurde Hofmann Personal mit dem Ludwig Erhard Preis ausgezeichnet, Deutschlands höchster Auszeichnung für Unternehmensqualität. 2016 durfte sich die Unternehmerin über den VBG Arbeitsschutzpreis in Gold freuen.
Ingrid Hofmann ist Vizepräsidentin im Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) und verantwortet dort u.a. das Thema „Integration von Langzeitarbeitslosen und Flüchtlingen“. Sie ist im Präsidium der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber-verbände (BDA) und leitet dort den Ausschuss „Betriebliche Personalpolitik“. Sie erhielt den Vogue Business Award und wurde „Unternehmerin des Jahres 2002“. Es folgte die Verleihung der Staatsmedaille für besondere Verdienste um die bayerische Wirtschaft und 2007 die Übergabe des Bundesverdienstordens durch Bundespräsident a. D. Horst Köhler.
Seit 2010 ist Ingrid Hofmann Mitglied im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit. Von 2011 bis 2017 war sie im Aufsichtsrat der LEONI AG, ist im Wirtschaftsbeirat der Bayern LB und gehörte bis 2019 zum Board of Directors der German American Chamber of Commerce of the Southern US. 2019 wurde ihr von Ministerpräsident Markus Söder der Bayerische Verdienstorden verliehen.
Doch „Business“ ist nicht alles. Ingrid Hofmann vertritt die Philosophie, dass ein Teil des Gewinns dem Gemeinwohl durch Spenden o. ä. zugutekommen sollte. Dazu zählt auch eigenes soziales Engagement. Sie ist ehrenamtliche Handelsrichterin, Dänische Honorarkonsulin, Stadtteilpatin für Nürnberg Langwasser, im Kuratorium von „Aktion Deutschland hilft“, Beirat des Universitätsbunds Erlangen-Nürnberg, Aufsichtsratsmitglied des HC Erlangen und der Spielvereinigung Greuther Fürth - bei letzterem auch Hauptsponsor.