Joans Becker

Joans Becker

Themen

Unternehmertum
20.11.2024

Jonas Becker

Der Geschäftsführer und Head of Development der TechNurse GmbH im Interview für die Initiative „Der Junge Mittelstand“.

Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin oder Unternehmer zu werden?

Ich habe die Probleme in der Kommunikation zwischen der medizinischen Praxis und der Medizintechnikbranche sowohl als Ingenieur als auch davor als Pflegekraft erlebt. Als ich mich nach bestehenden Lösungen umgeschaut habe, ist mir jedoch aufgefallen, dass diese das Problem immer nur aus Sicht der Hersteller angehen.

Allerdings besteht ein Angebotsdefizit an Berater:innen, das man am besten löst, indem man auf diese eingeht und nicht nur auf die Hersteller.

Hier habe ich eine Lücke entdeckt, deren Lösung beide Seiten weiterbringen wird. Die Hersteller bekommen leichter und mit weniger Aufwand Feedback und die Produkte entsprechen mehr den Anforderungen des medizinischen Personals. Dass das Problem, das ich lösen möchte, in einer kapitalkräftigen Branche liegt, ist positiv zu bewerten.

Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen.

Es war kein geradliniger Weg, aber ohne meinen „Umweg“ über die Pflege hätte ich nie genügend Empathie für die Anwender:innen aufgebracht, um das Problem überhaupt richtig zu erkennen. Ich bin also froh über den Weg, den ich eingeschlagen habe.

Haben Sie im Gründungs- oder Übernahmeprozess in irgendeiner Form Unterstützung erhalten? Falls ja, welche Form der Unterstützung war besonders zentral?

Allein mit der Aufzählung der Personen und Organisationen, die mir geholfen haben, könnten wir das gesamte Interview verbringen. Jedes Feedback, auch wenn ich mich dagegen entschieden habe, hat die Idee weiter reifen lassen. Besonders kann man vielleicht die ersten Berührungspunkte hervorheben, die mir geholfen haben, als die Idee noch am fragilsten war.

Prof. Dr. Max Singh, dem ich meine Idee als erstem erzählt habe, und die Pitches in der TechBase in Regensburg, bei denen ich zum ersten Mal meine Idee vorgestellt habe, waren die ersten Unterstützer. Aber natürlich auch meine bald Frau Marija, die mich nach dem ersten missglückten Pitch wiederaufgebaut und überzeugt hat, nicht sofort das Event zu verlassen. Sie unterstützt mich konstant auch als Software-Entwicklerin und Lektorin

Welche Entscheidung würden Sie für sich als Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?

Mich vollständig auf TechNurse zu konzentrieren, und nicht einen typischen Berufseinstieg anzustreben. Es war keine leichte Entscheidung, auch nicht finanziell. Auch dies wäre nicht ohne die Unterstützung durch mein privates Umfeld möglich gewesen.

Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?

Grundsätzlich denke ich immer, die größte Herausforderung kommt noch. Bisher würde ich sagen: Komplett für die eigene Zeit und Priorisierung von Aufgaben zuständig zu sein; war die größte persönliche Herausforderung. Es gibt immer zu viel zu tun, was kommt als Nächstes und wie halte ich auch noch in ein paar Monaten durch.

Und natürlich das Steuer- und Arbeitsrecht; wir lassen uns hier beraten, aber weil es einer der größten Risikofaktoren für uns ist, muss ich mich natürlich trotzdem in jedes Gesetz und jede Regelung hineinlesen, um die richtigen Prioritäten zu setzen und neue Lösungen zu finden.

Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen Beruf, Familie und Freizeit? Welche Unterstützung wünschen Sie sich für eine bessere Vereinbarkeit?

Ich muss diesen Spagat nicht jeden Tag machen. Manchmal gewinnt die Arbeit, aber dafür am Tag danach das Private. Es ist wahr, dass man als Unternehmer nicht immer sein 9-to-5-Arbeitstag durchsetzen kann, aber dafür kann ich mir am nächsten Tag Zeit nehmen, zu kochen und mir Zeit für die Personen zu nehmen, die mir wichtig sind.

Unterstützung ist bei einem solch privaten Thema schwierig. Ich denke es würde allen helfen, wenn wir uns bewusst machen, dass das Unternehmertum auch eine ganz normale Arbeit ist und dass man nach 8 Stunden Entscheidungen treffen und Feuerlöschen auch keine gute Auffassungsgabe und das nötige Feingefühl mehr hat. Es wäre also vielleicht für alle am besten, nach Hause zu gehen und morgen weiterzumachen. Man schafft zwar mehr Arbeit mit einer 60 Stunden Woche, aber man schafft auch mehr Fehlentscheidungen und Probleme für alle.

Wie stehen Sie zum Thema Jobsharing oder Tandem als Lösung für eine bessere Vereinbarkeit?

Grundsätzlich bin ich ein Fan davon, Entscheidungen mindestens im Vier-Augen-Prinzip zu treffen und klare Überschneidungen in den Themenbereichen zu haben. Die Struktur und Aufgabenaufteilung im Gründerteam von TechNurse ist von Anfang an so ausgelegt, dass wenn eine(r) ausfällt, die anderen beiden den Alltag dieses Geschäftsfeldes übernehmen können.

Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?

Zu meinem Leidwesen mit Steuerrecht. Da wir die Arbeitsverträge mit unseren Berater:innen mit einem Nettostundenlohn abschließen und diesen auch in allen Fällen garantieren wollen, müssen wir ein paar interessante Denkspiele absolvieren, um eine zufriedenstellende Lösung zu finden.

Früher habe ich auch in 20 Stunden am Stück unsere Datenbank entworfen. Mich über mehrere Wochen oder sogar Monate nur mit einem Thema intensiv zu beschäftigen, ist mir leider nicht mehr vergönnt.

Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?

Ich denke, die Tatsache, dass ich Mitgründerinnen wie Dayana und Sandra gefunden habe, die bereit sind, ihre Karrieren an meine zu knüpfen, ist eine der größten Komplimente, die man einer Idee geben kann.

Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen jungen Unternehmerinnen und Unternehmern mitgeben?

Bei jeder noch so kleinen Iteration sollte man so viele Stakeholder wie möglich um Feedback bitten, angefangen bei der Idee. Und zwar Leute die wirklich im Ökosystem des zu lösenden Problems tätig sind. Und ein gutes Netzwerk macht fast alles zehnmal einfacher, deshalb geht an die Hochschulen oder engagiert euch in Netzwerken wie bei Der Mittelstand. BVMW e.V..

Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt junges Unternehmertum oder geben Young Professionals Rückenwind?

Wir suchen aktiv die Nähe zur Hochschule Landshut, aber auch zu anderen Hochschulen, um weitere Kooperationen zu starten. Ich denke, etablierte Unternehmen sind hervorragend, um zu lernen, wie es in der Arbeitswelt zugeht, aber wenn Stundent:innen die Vorzüge von Grüne-Wiese-Projekten erleben, motiviert dies am meisten, selbst etwas aufzubauen oder sich an einem solchen Projekt zu beteiligen.

Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von jungen Unternehmerinnen, Unternehmern und Young Professionals im Allgemeinen,…

… weiterhin die Projekte am Leben zu halten, die bereits existieren. Wir wurden und werden immer noch sehr kompetent unterstützt von vielen Programmen, die die Politik bereits ins Leben gerufen hat.

Verbesserungspotenzial sehe ich konkret in den kurzfristigen Arbeitsverträgen der bei Hochschulen angestellten Gründungsberater:innen. Dies führt zu einer ständigen Fluktuation, die dem gesamten System und allen beteiligten schadet, ohne irgendeinen tieferen Sinn zu erfüllen.

Warum ist ein starkes Netzwerk für Unternehmerinnen und Unternehmer besonders wichtig?

Ohne konstantes Feedback kann sich ein Produkt nicht weiter in die richtige Richtung entwickeln. Dafür kann ich entweder bezahlen oder ich habe ein gutes Netzwerk.

Was hat Sie als Unternehmerin/Unternehmer am meisten überrascht?

Wie viele Emails man beantworten muss und wie schwierig es ist, sich die Zeit zu nehmen, tatsächlich weiter am Produkt zu arbeiten.

Wie bereiten Sie sich auf einen wichtigen Termin vor?

Am wichtigsten finde ich eine klare schriftliche Agenda, die allen bekannt ist, sonst verläuft jedes Gespräch in endlosen Diskussionen und dauert trotzdem länger. Auch schaue ich mir, wenn möglich, nochmal den Lebenslauf meiner Gesprächspartner:innen an, LinkedIn ist dabei sehr praktisch. Ohne den fachlichen Hintergrund zu kennen, ist es sehr schwer den richtigen Ton zu treffen, vor allem im Gesundheitswesen.

Welches Buch empfehlen Sie angehenden Unternehmerinnen und Unternehmern?

The Lean Startup von Eric Reis, allerdings als Hörbuch. Ich finde seine teils anekdotische Schreibweise eignet sich perfekt dazu, bei einer langen Fahrt etwas zu lernen. Außerdem glaube ich stark an den nutzerzentrierten und testfokussierten Ansatz.

Am meisten begeistert mich an meinem Beruf…

…, dass ich fast jeden Tag aus dem Büro gehe, mit dem Gefühl, fachlich oder menschlich etwas dazu gelernt zu haben. Und das mir niemand sagen kann WIE ich etwas tun soll und ich meinen eigenen Weg bestimmen kann, mit der Aufgabe umzugehen.

Infos zur Person

Jonas Becker

  • Jahrgang: 1997
  • Berufsabschluss: Pflege Staatsexamen, B.Sc. Biomedical Engineering, M.Eng. Systems Engineering (ongoing)
  • Position: Geschäftsführer (Head of Development)
  • Unternehmer seit 2024
  • Auf LinkedIn vernetzen: https://www.linkedin.com/in/becker-j/

Infos zum Unternehmen

TechNurse GmbH
https://tech-nurse.com

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