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Unternehmertum
01.10.2023

Königsweg gemischtes Management?

Die Nachfolgeplanung in Familienunternehmen unterscheidet sich in kultureller Passung, Erwartungshaltung und emotionaler Bindung von derjenigen in anderen Unternehmensformen.

Autor: Dr. Marco Henry V. Neumueller, Odgers Berndtson Unternehmensberatung

Wie lässt sich der Wechsel an der Spitze gestalten?

Thomas Mann beschreibt in seinen „Buddenbrooks" das wohl negativste Szenario einer Unternehmerfamilie: „Der Vater erstellt’s, der Sohn erhält’s, dem Enkel zerfällt’s.” Leider hat die Aussage einen kleinen Kern Wahrheit. Dies bedeutet keinesfalls, dass Sie Ihren Betrieb nicht über viele Generationen fortführen können, die Übergabe muss jedoch gewollt und sorgsam geplant erfolgen.

Auf das Rollenverständnis kommt es an

Während Hanno Buddenbrook noch unter der elterlichen Erwartungshaltung gelitten haben mag, besteht die Forderung, das eigene Kind müsse später das Unternehmen übernehmen, heute kaum noch. Gut so, denn Kinder von Unternehmern haben selbst oft ganz andere Erwartungen an das Leben. Ein Nachfolge-Automatismus kann nicht (mehr) vorausgesetzt werden. Zugleich ist in der Unternehmerfamilie die emotionale Bindung zum Unternehmen hoch, der Wunsch vorhanden, dass das Unternehmen weitergeführt wird von jemandem, der zum Unternehmen passt. Welche Form der Fortführung ist dann möglich?

Zunächst gilt es, die Frage danach zu klären. Welche Rolle möchte die nächste Generation einnehmen? Möchte sie das Unternehmen führen, ganz zur Seite treten oder dieses zum Beispiel im Rahmen einer aktiven Gesellschafterrolle weiter begleiten? Mindestens genauso wichtig ist aber auch die künftige Rolle der scheidenden Generation. Es gibt nichts Fataleres, als wenn diese sich noch nicht richtig verabschieden kann und versucht, das Unternehmen aus dem Beirat oder Aufsichtsrat heraus weiterzuführen. Erst nach Klärung dieser Fragen kann die Suche nach einem Fremdmanager beginnen. Eine in vielen Fällen sinnvolle Variante ist das gemischte Management aus einem Familienmitglied und einem Fremdmanager, der den Blick von außen einbringt.

Wie sieht der ideale Fremdmanager aus?

Der Fremdmanager muss kulturell zum Unternehmen und auf persönlicher Ebene zur Familie passen. Seine fachliche Expertise ist eine notwendige Bedingung, das gemeinsame Abendessen mit der Unternehmerfamilie im Rahmen des Besetzungsprozesses aber fast wichtiger. Klingt erschreckend? Genau hierin liegt aber der Unterschied zur Nachfolgeplanung in anders geführten Unternehmen. Denn das vertrauensvolle Verhältnis wirkt auf die Entscheidungsfindung im Management und die Performance des Unternehmens. Der „Cultural Fit“ des Fremdmanagers reicht bis hin zur lokalen Präsenz beim Dorffest am Unternehmensstandort.

Methoden und Stellschrauben

Sie werden es nach dem Gelesenen schon ahnen: Die Nachbesetzung in Familienunternehmen ist deutlich komplexer als anderswo. Es bedarf eines klaren Verständnisses von Erwartungshaltung, Rechten und Pflichten.

Gesicherte Nachbesetzung:
Assessment-Center sollten ein integraler Bestandteil sein. Eignungsdiagnostische Methoden helfen, individuelle erfolgsrelevante Attribute bei Kandidaten zu prüfen und zu hinterfragen.

Klare Formulierung der Erwartungshaltung:
Gleichberechtigter Partner oder Verwalter des Tagesgeschäfts? Leitlinien können helfen, die Erwartungshaltung an den Fremdmanager, seine Rechte und Pflichten klar zu definieren und Konflikten vorzubeugen.

Gemeinsame Entscheidung:
Möglichst die gesamte Unternehmerfamilie sollte mit der Auswahl des Fremdmanagers einverstanden sein. Kompromisslösungen sind keine Alternative.

Integration des Fremdmanagers:
Nun gilt es, die Akzeptanz des neuen Managements ins gesamte Unternehmen hinein zu signalisieren und sich schnell von dem Attribut „fremd“ zu entfernen. Dies bedarf auch einer offenen Kommunikation zwischen Familie und Manager.

Das Bewusstsein für Rollen schärfen

Die Nachfolgesuche im Familienunternehmen ist ein komplexer Prozess. Wer sich selbst mittendrin befindet, läuft Gefahr, den Fokus aus den Augen zu verlieren. Besonders die Frage nach dem Rollenverständnis wird schnell aus dem Blick verloren. Dabei ist die Aufgabenzuteilung das Bottleneck für den Unternehmenserfolg. Das Management kann nur stark sein, wenn nicht im Hintergrund Vater, Mutter, Onkel oder Tante weiterhin Entscheidungen treffen. Hier gilt es also, immer wieder das Bewusstsein zu schärfen.

Ein externer Berater kann hier Abhilfe verschaffen und die Nachfolgesuche methodisch begleiten. Wichtig ist jedoch, dass der externe Berater Familienunternehmen versteht, sie möglichst selbst einmal von innen heraus gesehen hat und ihre besondere Kultur versteht.

Sinnvoll sind außerdem auch Leitlinien für die Zusammenarbeit und die stetige Beziehungspflege zwischen Familie und (Fremd-)Management. Bei aller Komplexität dürfen Sie sich aber auch gerne immer wieder selbst daran erinnern: Sie gehören zu der absoluten Elite unter den Familienunternehmen, wenn Sie über mehrere Generationen bestehen. Das kostet sehr viel Anstrengung und ist nicht selbstverständlich.

Gut zu wissen

  • Ein Fremdmanager muss zum Unternehmen und zur Familie passen
  • Die fachliche Expertise ist notwendig, das gemeinsame Abendessen mit der Unternehmerfamilie aber fast wichtiger

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