Laura Lang

Laura Lang

Themen

Unternehmertum
19.09.2024

Laura Lang

Die Geschäftsführerin der W. R. Lang GmbH im Interview für die Initiative „Der Junge Mittelstand“.

Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin oder Unternehmer zu werden?

Mein Ururgroßvater hat unser Unternehmen 1872 gegründet. Als Kinder sind wir im Unternehmen aufgewachsen. Es gibt Bilder von mir, da sitze ich als Zweijährige neben der Kasse und „mache Geschäftsführung“. Ich will nicht behaupten, dass dieser Weg vorgeschrieben war, denn ich hatte immer die Wahl auch einen anderen Weg einzuschlagen. Das ich letzten Endes dann doch bei uns im Unternehmen angekommen bin, habe ich vor allem meinem Großvater zu verdanken.

Wenn Sie die Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen.

Wenn ich in der Zeit zurückgehen könnte, würde ich vieles wieder genauso machen. Jeder Fehler und jede Herausforderung, die ich auf meinem Weg erlebt habe, hat mir wichtige Lektionen beigebracht und mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Natürlich gibt es immer Momente, in denen man sich fragt, ob eine andere Entscheidung zu einem leichteren Weg geführt hätte. Jedoch denke ich, das jeder Weg, den wir gehen, genau der richtige für uns ist in diesem Moment. Jede Erfahrung ist Teil unseres Wachstums

Haben Sie im Gründungs- und Übernahmeprozess in irgendeiner Form Unterstützung erhalten? Falls ja, welche Form der Unterstützung war besonders zentral?

Die Schwierigkeit bei einer familieninternen Nachfolge besteht ja darin, dass man von Tag eins auf dem Prüfstand steht: hohe Erwartungen der Eltern, Druck, ebenso erfolgreich zu sein wie die Vorgängergenerationen, die Frage „wer möchte ich sein im Unternehmen?“, u. v. m. machen den Übernahmeprozess zu keinem leichten Unterfangen. Ich bin zum Glück von Anfang an von meinem Großvater und Vater an „die Hand genommen“ worden. Erwartungsdruck gab es somit „nur“ von unseren Mitarbeitenden und Lieferanten bspw.. Ich durfte mich in vielen Bereichen weiterbilden und habe die Chance genutzt, mir ein gut funktionierendes Netzwerk inner- und außerhalb unseres Unternehmens zu meiner Unterstützung aufzubauen.

Welche Entscheidung würden Sie für sich als Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?

Die wegweisendste Entscheidung war sicherlich, dass ich meine Ausbildung bei uns im Betrieb gemacht habe. Eigentlich wollte ich nach dem Abi Lehramt studieren. Stattdessen habe ich Mittelstandsmanagement studiert und durfte durch verschiedenen Praktika in Unternehmen unserer Region viel darüber lernen, was Unternehmertum bedeutet und ausmacht.

Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?

Ich weiß nicht, ob ich hier von der einen größten Herausforderung sprechen kann. Ich habe als Frau die Nachfolge in einem Unternehmen angetreten, welches in den vorherigen vier Generationen ausschließlich von Männern geführt wurde. Ich bin als Frau eine der wenigen Geschäftsführerinnen innerhalb unserer Branche und die erste Aufsichtsratsvorsitzende innerhalb unserer Einkaufsgenossenschaft. Ich durfte also in meinem kurzen Berufsleben schon viele erste Mal mit sehr individuellen Herausforderungen erleben. Was ich allerdings aus Sicht der Nachfolgerin sagen kann, dass die Führungsanforderungen mit der Unternehmensgröße wachsen. Während das Know-how meines Vaters mit dem Wachsen unseres Unternehmens kontinuierlich mitwachsen konnte, musste ich als Nachfolgerin das entsprechende Anspruchsniveau wesentlich schneller erreichen. Dies kann zu Teilen schon recht herausfordernd sein.

Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen Beruf, Familie und Freizeit? Welche Unterstützung wünschen Sie sich für eine bessere Vereinbarkeit?

Für den Spagat empfehle ich tägliches Dehnen und Loslassen von Emotionen. Für alles andere hilft eine große Portion Humor und Gelassenheit auch mal die Dinge hinzunehmen, die man im Moment selbst nicht ändern kann.

Ich bin neben Geschäftsführerin, Aufsichtsratsvorsitzender, Yogalehrerin auch noch zweifache Mama. Daher stehen mir bei Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem die fehlenden Betreuungsplätze im Weg. Inzwischen sieht mein Büro aus wie ein halbes Spielzimmer, da ich meine Kinder immer wieder mit zur Arbeit nehmen muss. Meine Mitarbeitenden werden regelmäßig zu Babysittern. Ein großer Wunsch: Sichtbarkeit für Unternehmerinnen und Mütter und beständige Betreuungsplätze bzw. Unterstützung für Unternehmen, dass diese auch den Mitarbeitenden ein sicheres Netz an Betreuungsmöglichkeiten anbieten können.

Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?

Wie sind gerade dabei, in unserem Unternehmen die Weichen für eine digitale Zukunft zu stellen: digitales Lager, Einsatz von KI in Prozessen, 3D- Druck, usw. Dafür schauen wir uns alle Prozesse eingehend an, prüfen und hinterfragen diese. Dabei ist es uns sehr wichtig, unsere Mitarbeitenden aktiv am Geschehen mit teilhaben zu lassen. In gemeinsamen Workshops erarbeiten wir Lösungen.

Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?

Inzwischen durch das Vertrauen unserer Mitarbeitenden mir gegenüber. Aber auch durch zufriedene Kunden, die, teils schon seit Jahrzehnten, in uns einen zuverlässigen Partner sehen.

Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen jungen Unternehmerinnen und Unternehmern mitgeben?

Seid mutig und vertraut darauf, dass eure Vision und eure Fähigkeiten euch den richtigen Weg weisen. Der Beginn einer unternehmerischen Reise ist oft von Unsicherheiten und Herausforderungen geprägt, doch es ist genau dieser Mut, der euch von anderen unterscheidet und euch erlaubt, neue Wege zu beschreiten. Lernt aus jeder Erfahrung. Im Yoga sprechen wir von der Bedeutung des stetigen Lernens und Wachstums. Jede Herausforderung und jeder Fehler sind wertvolle Lektionen, die euch stärken und weiterbringen. Betrachtet Hindernisse als Chancen, euch weiterzuentwickeln und eure Fähigkeiten zu verfeinern. Netzwerkt und sucht Unterstützung. Niemand muss den Weg alleine gehen. Baut ein starkes Netzwerk aus Gleichgesinnten, Mentoren und Beratern auf. Tauscht euch aus, lernt voneinander und unterstützt euch gegenseitig. Die Gemeinschaft kann eine unglaubliche Quelle der Kraft und Inspiration sein – besonders beim BVMW. Achtet auf eure Balance. Unternehmertum kann fordernd sein, daher ist es wichtig, die eigene Balance zu wahren. Nehmt euch Zeit für Selbstfürsorge, sei es durch Yoga, Meditation oder andere Aktivitäten, die euch Kraft und Ruhe schenken. Ein ausgeglichener Geist ist die Grundlage für nachhaltigen Erfolg.

Abschließend möchte ich euch mitgeben: Vertraut euch selbst und eurem Weg. Ihr habt die Kraft und die Fähigkeiten, Großes zu erreichen. Seid mutig, bleibt authentisch und geht euren Weg mit Zuversicht und Leidenschaft.

Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von jungen Unternehmerinnen und Unternehmern im Allgemeinen ...

Ich hatte es in einer vorherigen Frage schon einmal angesprochen: Es herrscht ein großer Mangel an beständigen Betreuungsplätzen für Kinder. Wie sollen Unternehmen auf den Fachkräftemangel reagieren, wenn bspw. gut ausgebildete Menschen (Frauen wie Männer) daheim ihre Kinder betreuen, weil Kindergarten und Schule mehr Ferien und Schließtage haben, als den Mitarbeitenden Urlaub gewährt werden kann?!

Ein weiteres wichtiges Thema sind die immensen bürokratischen Auflagen. Die Gründung und Führung eines Unternehmens sollte nicht durch übermäßige Bürokratie erschwert werden. Eine Vereinfachung und Digitalisierung von Verwaltungsprozessen, wie Unternehmensregistrierung, Steuererklärungen und Förderanträgen, würde junge Unternehmer erheblich entlasten und ihnen mehr Zeit für ihr Kerngeschäft lassen. Besonders für junge Unternehmer:innen ist die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft wichtig: Die Politik sollte Anreize für nachhaltiges und sozial verantwortliches Unternehmertum schaffen. Förderprogramme für umweltfreundliche Technologien und nachhaltige Geschäftsmodelle können jungen Unternehmern helfen, nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch sozialen und ökologischen Mehrwert zu schaffen.

Generell wünsche ich mir, dass mehr auf die Bedürfnisse von Unternehmern eingegangen wird und diese auch mehr in politische Entscheidungsprozesse mit einbezogen werden. Nicht despektierlich gemeint, aber die Politik ist voll von Juristen, ein paar „richtige“ Unternehmer würden sicherlich ein paar wichtige Impulse und Ansätze liefern, die für die deutsche Wirtschaft essentiell wichtig wären.

Ein guter Tag beginnt für mich …

…mit Ruhe und in Stille, um den Fokus auf meine Yogapraxis und mein Inneres zu lenken. Wir sind in unserem Alltag so viel im Außen unterwegs, dass wir unser Inneres oft vergessen. Aber gerade aus unserem Inneren kommt die Kraft und das Durchhaltevermögen für unsere Zeit hier auf der Erde.

Am meisten begeistert mich an meinem Beruf, dass …

…ich als Geschäftsführerin die Möglichkeit haben, die strategische Ausrichtung unseres Unternehmens maßgeblich zu beeinflussen und zu lenken. Dazu steht mir ein engagiertes Team von Mitarbeitenden zur Seite, welche genauso leidenschaftlich für unsere Mission einsteht, wie ich. Wir dürfen in unserem über 150 Jahre altem Unternehmen Tradition mit Moderne verbinden und unser Unternehmen auf die Zukunft vorbereiten. Ich habe die Möglichkeit Innovationen voranzutreiben und innerhalb unserer Branche einen Unterschied zu machen. Als Teil unseres Familienunternehmens ist es für mich besonders wichtig, zu wissen, dass die Arbeit, die wir heute leisten, die Grundlage für den Erfolg zukünftiger Generationen legt. Diese Langfristigkeit und Beständigkeit geben meiner Arbeit eine tiefere Bedeutung.

Was haben Sie von Ihrem Team gelernt?

Das Gras wächst nicht schneller wenn man daran zieht. Manche Dinge brauchen Zeit. Manche Menschen eben auch.

Wer hat Sie am meisten inspiriert und warum?

Meine Großeltern. Sowohl mein Großvater als auch meine Omi hatten eine besondere Art und Weise mit Menschen umzugehen. Sie haben so viele Jahre die Geschicke in unserem Unternehmen gelenkt und ich bin dankbar, dass ich heute auf dem aufbauen darf, was sie erarbeitet haben.

Infos zur Person

Laura Lang

  • Jahrgang: 1990
  • Berufsabschluss: Kauffrau im Groß- und Außenhandel, Bachelor of Science Mittelstandsmanagement
  • Position: Geschäftsführerin
  • Unternehmerin seit 2019 als Geschäftsführerin, seit 2009 im Unternehmen
  • Auf LinkedIn vernetzen: https://www.linkedin.com/in/laura-lang-36926a25b/

Infos zum Unternehmen

W. R. Lang GmbH
www.w-r-lang.de

  • Gründungsjahr: 1872
  • Branche: Orthopädietechnik und Orthopädieschuhtechnik
  • Firmensitz: Neuwied
  • Mitarbeitende: ca. 90

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