Das BVMW-Netzwerk für weibliches Unternehmertum
Nicolle Petrasch
Die Inhaberin von Nachhaltig. Besser. Wirtschaften. im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.
Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin/Führungskraft zu werden?
Ich habe viele Unternehmer:innen kennengelernt, die in kaufmännischen Themen weniger Erfahrung hatten als ich. Das hat mir Mut gemacht und mir gezeigt, dass auch ich den Schritt wagen kann. Ich wollte die Freiheit haben, selbst Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Außerdem habe ich in der Vergangenheit oft schlechte Erfahrungen mit Chefs gemacht, bei denen es nie genug war, was man an Engagement eingebracht hat. Es gab weder Lob noch Unterstützung, nur immer mehr Druck. Dem wollte ich entfliehen und ein Umfeld schaffen, in dem Wertschätzung und Wachstum im Vordergrund stehen. Gleichzeitig wollte ich eine sinnvolle Tätigkeit ausüben, die mir nicht nur berufliche Erfüllung bringt, sondern auch einen positiven Einfluss auf andere hat.
Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen.
Ich würde denselben Weg noch einmal gehen, aber mit dem Wissen, dass ich früher damit anfangen würde, meine Meinung klarer zu äußern und dazu zu stehen. Ich würde zeitiger anfangen zu agieren, statt nur zu reagieren und den Weg zur Unternehmerin früher einschlagen, um noch mehr Unternehmen dabei zu unterstützen, nachhaltig zu wirtschaften.
Welche Entscheidung würden Sie für sich als Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?
Das war definitiv mein Umzug nach Hessen, wo ich zunächst nur zwei Menschen kannte. Ich musste ein völlig neues Netzwerk aufbauen – und zwar nicht nur ein berufliches, sondern auch ein unterstützendes Netzwerk, das mich auf meinem Weg begleitet hat. Durch diesen Schritt konnte ich die Karriere machen, die ich mir gewünscht habe, und wertvolle Erfahrungen sammeln, die mir andernfalls verwehrt geblieben wären. Eine weitere prägende Entscheidung war die Aufnahme zahlreicher Weiterbildungen, insbesondere zur Verkehrsfachwirtin IHK und Betriebswirtin IHK, die ich nebenberuflich als Führungskraft absolvierte. Diese Herausforderung hat mir nicht nur gezeigt, wozu ich fähig bin, sondern mir auch viele Türen geöffnet und mir die Möglichkeit gegeben, mich kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?
Die größte Herausforderung, der ich begegnet bin, war, nach schwerstem Mobbing und Diskriminierung als Frau wieder aufzustehen. Es war eine unglaublich harte Zeit, in der ich mich oft am Rande meiner Kräfte fühlte. Doch durch viel Selbstreflexion, Unterstützung von Menschen, die an mich glaubten, und der Entschlossenheit, mich nicht unterkriegen zu lassen, habe ich den Weg zurückgefunden. Diese Erfahrung hat mich stärker gemacht und mir gezeigt, wie wichtig es ist, für sich selbst einzutreten und an die eigenen Werte zu glauben und die Stärken der Frauen zu unterstützen und für mehr Geschlechtergleichberechtigung in der Wirtschaft zu kämpfen, Misslagen zu erkennen und ein Bewusstsein zu schaffen, dass das Geschlecht keinerlei Einfluss auf die Fähigkeiten, den Erfolg oder den Wert einer Person haben sollte. Es ist wichtig, dass wir in der Wirtschaft und darüber hinaus eine Kultur fördern, die Vielfalt schätzt und Frauen die gleichen Chancen und Anerkennung bietet wie allen anderen.
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?
Ich beschäftige mich besonders intensiv damit, Unternehmen dabei zu unterstützen, die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu bewältigen – vor allem, wenn sie noch nicht berichtspflichtig sind. Mein Fokus liegt darauf, aufzuzeigen, dass es nicht nur sinnvoll ist, sich mit dem Thema nachhaltiges Wirtschaften auseinanderzusetzen, sondern dass es auch langfristige Vorteile für das Unternehmen bringt. Ich möchte verdeutlichen, dass Nachhaltigkeit ein entscheidender Faktor für den Unternehmenserfolg ist und Unternehmen dabei hilft, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und Umwelt zu übernehmen.
Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?
Besondere Wertschätzung erhalte ich vor allem dadurch, dass ich KMU dabei unterstütze, die Komplexität der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu verstehen und ihnen die Angst davor nehme. Ich zeige ihnen, dass es nicht so kompliziert ist, einen Nachhaltigkeitsbericht mit Hilfe des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) zu erstellen, und helfe dabei, den Prozess zu vereinfachen. Wenn ich meine Kunden beruhigen und ihnen das Vertrauen geben kann, dass sie diesen Schritt erfolgreich gehen können, empfinde ich das als große Anerkennung meiner Arbeit.
Welche Botschaft möchten Sie frisch gebackenen Unternehmerinnen oder Gründerinnen/Führungskräften mitgeben?
Meine Botschaft ist, sich von Anfang an intensiv mit den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – ökologisch, ökonomisch und sozial – auseinanderzusetzen und ihr Unternehmen bereits in der Gründungsphase danach auszurichten. Nachhaltigkeit ist kein späteres Add-on, sondern ein zentraler Bestandteil, der langfristig den Erfolg und die Zukunftsfähigkeit eures Unternehmens sichert. Indem ihr diese Prinzipien von Anfang an integriert, schafft ihr nicht nur einen positiven Impact, sondern baut auch eine solide Basis für nachhaltiges Wachstum.
Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt Female Empowerment und geben Ihren Mitarbeiterinnen Rückenwind?
Da ich keine Mitarbeitenden habe, fördere ich Female Empowerment vor allem durch die Unterstützung von Frauen, ihre Ziele zu erreichen. Ich nutze mein Netzwerk, meine Erfahrungen und mein Wissen, um ihnen den Rückenwind zu geben, den sie brauchen, um erfolgreich zu sein. Jede Frau hat es verdient, gleichberechtigt behandelt zu werden, und ich setze mich dafür ein, dass Frauen die nötige Unterstützung und die richtigen Ressourcen erhalten, um ihre Ambitionen zu verwirklichen und ihr volles Potenzial auszuschöpfen.
Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Unternehmerinnen und der Entwicklung von Frauen in Unternehmen im Allgemeinen ...
… ein positives Narrativ zu schaffen, das Frauen als gleichwertige Unternehmerinnen, Führungskräfte und Mitarbeiterinnen stärkt. Es sollte bessere Möglichkeiten für Kinderbetreuung geben, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Darüber hinaus sollten Anreize für Teilzeitmodelle und Homeoffice geschaffen werden, um flexiblere Arbeitsbedingungen zu fördern. Außerdem wäre es wichtig, Unternehmer:innen zu belohnen, die aktiv Frauen einstellen und in Führungspositionen fördern, um so echte Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen.
Wer hat Sie am meisten inspiriert und warum?
Meine Nichte. Ich war bei ihrer Geburt dabei, und dieses Erlebnis hat meine Sicht auf die Welt grundlegend verändert. Schon vorher habe ich mich mit Themen wie Nachhaltigkeit und insbesondere Recycling auseinandergesetzt, aber ab dem Moment ihrer Geburt bekam all das eine viel tiefere Bedeutung. Plötzlich war es nicht mehr nur ein persönliches Anliegen, sondern ein Versprechen, die Welt für kommende Generationen zu bewahren. Ihr Leben hat mir deutlich gemacht, wie entscheidend es ist, Verantwortung zu übernehmen und aktiv an einer nachhaltigen Zukunft mitzuwirken.
Womit schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrem Arbeitsalltag?
Ich gehe im wunderschönen Rheingau wandern. Diese Region bietet eine beeindruckende Kulturlandschaft, die ich sehr schätze – von sanften Weinbergen über historische Stätten bis hin zu malerischen Ausblicken auf den Rhein. Das Wandern dort gibt mir die Möglichkeit, den Kopf freizubekommen. Die Natur und Ruhe helfen mir, neue Energie zu tanken und mir immer wieder ins Bewusstsein zu bringen, warum ich tue, was ich tue – um für mich selbst und für die Menschen einen positiven Unterschied zu machen und unsere Natur zu schützen. Sie erinnern mich daran, dass langfristiger Erfolg und Erfüllung nur durch Balance und den respektvollen Umgang mit der Umwelt möglich sind.
Was wäre der Soundtrack zu Ihrem Weg in die Selbstständigkeit/zur Führungskraft?
Der Song „Himmelblau“ von Die Ärzte wäre der perfekte Soundtrack für meinen Weg. Die positive Energie und der motivierende Text dieses Liedes spiegeln die Höhen und das Gefühl von Freiheit wider, die diesen Weg für mich geprägt haben. „Himmelblau“ steht für Aufbruch, Zuversicht und den Glauben an sich selbst. Der Song bringt dieses Gefühl von Optimismus und Selbstvertrauen zum Ausdruck, das mich auch in herausfordernden Phasen begleitet hat.
Wie bereiten Sie sich auf einen wichtigen Termin vor?
Vor einem wichtigen Termin bereite ich mich strukturiert vor, indem ich den Ablauf durchgehe, alle Unterlagen bereitstelle und die Anreisemöglichkeiten prüfe. Kurz vor dem Termin nehme ich mir Zeit, um zur Ruhe zu kommen und mich mental zu fokussieren, sodass ich entspannt und klar ins Gespräch gehen kann.
Warum ist ein starkes Netzwerk für Unternehmerinnen/Führungskräfte besonders wichtig?
Ein starkes Netzwerk bietet Unternehmerinnen und Führungskräften die wertvolle Sicherheit, dass sie nicht alles allein bewältigen müssen. Es ermöglicht den Austausch mit anderen, an die man sich bei Fragen wenden kann und die einem mit Rat und Tat zur Seite stehen – besonders in anspruchsvollen Momenten. Durch das Netzwerk entstehen gemeinsame Erfahrungen und die Möglichkeit, von Vorbildern zu lernen und sich inspirieren zu lassen. Zudem fördert es das Gefühl von Gemeinschaft, in der man zusammen eine gute Zeit hat und sich gegenseitig stärkt. Solche Verbindungen sind für uns Menschen wesentlich, um langfristig erfolgreich und erfüllt zu sein.
Nicolle Petrasch
Nachhaltig. Besser. Wirtschaften.
https://www.nicollepetrasch.de