Das BVMW-Netzwerk für weibliches Unternehmertum
Sandra Richter
Die Geschäftsführerin von Sandra Richter Coaching im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.
Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?
Als Angestellte konnte ich nicht genügend bewegen. Ich wollte mit Menschen arbeiten, die etwas verändern wollen, denen ihr Unternehmen, ihre Mitarbeitenden wichtig sind und die deshalb Unterstützung suchen auf dem Weg zu einem besseren Miteinander. Als Angestellte wurde mir die „Welt“ quasi zu klein.
Wenn Sie in der Zeit zurückgehen könnten, würden Sie denselben Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen?
Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es genauso wieder machen – nur sehr viel früher. Ich habe schon mit Ende 20 den Wunsch gehabt, selbstständig zu sein, weil ich mich im Angestelltenverhältnis eingeengt und auch nicht gesehen gefühlt habe. Damals fehlte mir der Mut. Erst mit Mitte 40 und dank der Unterstützung von wunderbaren Menschen in meinem Umfeld habe ich den Schritt gewagt.
Welche Entscheidung würden Sie für sich als die Wegweisendste bezeichnen oder auch die, aus der Sie am meisten gelernt haben?
Es war gar nicht so leicht, die Entscheidung zu treffen, mein sicheres Arbeitsverhältnis zu kündigen, deshalb habe ich zunächst meine Stunden reduziert. Zu erkennen, dass das für mich zu diesem Zeitpunkt und in diesem Unternehmen nicht funktionierte und dann wirklich zu sagen, Schluss, Aus, Ende, ich möchte es als Vollzeitselbstständige versuchen und die Kündigung einzureichen, war ein logischer und notwendiger Schritt, den ich gehen konnte, weil ich auch dank der Unterstützung einer Coachin und anderer selbstständiger Frauen, genug Selbstvertrauen aufbauen konnte, um nicht mehr auf den Imposter in mir zu hören.
Was war die größte Herausforderung, die Ihnen begegnet ist?
Die größte Herausforderung ist, nicht aufzugeben, auch wenn es gerade am Anfang Monate gibt, die nicht so gut laufen.
Womit beschäftigen Sie sich derzeit besonders intensiv?
Meine Passion ist die Konzeption und Facilitation von verbindenden und interaktiven Workshops und BarCamps zu Themen wie Achtsamkeit und den 4K Future Skills Kommunikation, Kreativität, Kollaboration und kritisches Denken. Es geht mir darum, Menschen in Verbindung zu bringen und dadurch (mehr) Freude in Lern- und Arbeitssettings zu ermöglichen. Besonders spannend finde ich die Möglichkeiten im digitalen Raum, denn es ist wichtig, nicht den Anschluss zu verlieren, nur weil wir häufig(er) remote arbeiten.
Wodurch erfahren Sie besondere Wertschätzung für Ihre Arbeit?
Ich bin eine sehr fröhliche Frau und nehme mich selbst nicht zu ernst. So bin ich in der Lage, eine lockere Atmosphäre zu schaffen und dafür ernte ich immer sehr viel positives Feedback nach meinen Workshops oder Trainings oder BarCamps. Das erwärmt jedes Mal mein Herz, wenn Menschen sich mit mir wohlfühlen und sich dadurch auch was trauen.
Welche Botschaft möchten Sie anderen Unternehmerinnen mitgeben?
Sucht euch ein unterstützendes Umfeld. Es ist nicht immer leicht. Es gibt anstrengende Monate und Zeiten, in denen das Geld knapp wird. Mir hilft es, mit anderen selbstständigen Frauen im Austausch zu sein, denen es genauso geht. So kann ich mit einem guten Gefühl dranbleiben. Denn eins hat sich gezeigt – es geht immer weiter. Gerade wenn man am Verzweifeln ist, kommen Aufträge ins Haus. Dieses Vertrauen zu entwickeln, ist wichtig, denn sonst ist der Stress einfach zu groß.
Mit welchen wesentlichen Maßnahmen fördern Sie in Ihrem Unternehmen gezielt Female Empowerment und geben Ihren Mitarbeiterinnen Rückenwind?
In vielen meiner Projekte kooperiere ich mit Frauen – oft ausschließlich mit Frauen. Ich weiß nicht, ob das Zufall ist, aber ich habe das Gefühl, dass gerade Frauen es schätzen, ihre Stärken in einem Team zu zeigen, das auf Augenhöhe zusammenarbeitet. Ich lerne viele ganz großartige Frauen kennen, die ihr Licht unter den Scheffel stellen. Ich kenne das von mir ja auch, deshalb können wir uns wohl so wunderbar gegenseitig ermutigen. Ich bin davon überzeugt, dass wir Frauen uns noch viel mehr und selbstbewusster zeigen müssen mit unseren Fähigkeiten und Ideen, damit wir tatsächlich als gleichberechtigt wahrgenommen werden. Das beginnt schon bei der Kommunikation, beim authentischen und souveränen Auftreten. Das ist immer wieder Thema in meinem Rhetoriktrainings.
Von der Politik erwarte ich hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Unternehmerinnen und der Entwicklung von Frauen in Unternehmen im Allgemeinen…
…nicht sehr viel. Die Veränderung sollte in uns selbst stattfinden. Ich habe meinen Mut vor allem auch dank anderer toller Frauen gewonnen. Deshalb denke ich, dass wir gar nicht unbedingt irgendwelche politischen Instrumente brauchen, sondern dass wir beginnen sollten, tatsächlich ganz tief drinnen wirklich zu wissen, dass wir Frauen gut genug sind. Ich rufe jede starke Frau auf, sich zu zeigen und ein Vorbild zu sein.
Welche Angebote des BVMW nutzen Sie regelmäßig?
Leider habe ich im Moment nicht sehr viel Zeit, aber ich mag den Business bzw. Ladies Lunch immer sehr gern.
Welche Unterstützung wünschen Sie sich vom BVMW? Wie kann Sie der BVMW im Unternehmensalltag unterstützen?
Gerade für Gründer:innen ist der bürokratische Dschungel manchmal echt eine Herausforderung. Vielleicht gibt es kostenfreie Angebote für die Startphase. Und ich wünsche mir eine Netzwerkveranstaltung vielleicht in Form eines BarCamps, in der viele Frauen zu Wort kommen können mit ihren Herausforderungen, Lösungen, Erfolgen.
Vernetzung ist für den Erfolg eines Unternehmens sehr wichtig.
Womit schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrem Arbeitsalltag?
Ich bin sehr gern im Wald unterwegs. Diese Ruhe brauche ich einfach, um meine Gedanken zu sortieren. Früher habe ich mir keine Pausen gestattet, weil ich unbedingt besonders nützlich sein wollte. Heute weiß ich, dass ich die besten Ideen habe, wenn ich Pausen mache.
Warum ist ein starkes Netzwerk für Unternehmerinnen besonders wichtig?
Wir brauchen starke weibliche Vorbilder, um Mut zu fassen und uns viel selbstbewusster zu zeigen. Wir brauchen Menschen, mit denen wir über Höhen und Tiefen sprechen können. Die gegenseitige Unterstützung in guten Netzwerken ist so wertvoll für den Erfolg eines Business. Wenn dich niemand kennt, kann dich auch niemand buchen. Männern ist Netzwerken fast schon in die Wiege gelegt. Wir Frauen haben da Nachholbedarf, haben viele von uns doch diesen: „Ich schaff das alles allein“-Glaubenssatz tief verankert.
Was haben Sie von Ihrem Team gelernt?
Was mich immer wieder herausfordert – nicht alle denken und handeln in der Geschwindigkeit wie ich. Ich muss gestehen, dass ich wohl schon häufig Menschen vor den Kopf gestoßen habe, weil ich mal wieder alles fertig hatte und sie dadurch nicht zum Zuge kamen. Ich versuche nun, Raum und Zeit zu geben. Ich bin dankbar, dass ich Menschen um mich habe, die mir konkret sagen, wenn ich über das Ziel hinausschieße.
Wie stehen Sie zum Thema Gendern?
Ich möchte nicht nur mitgemeint sein, sondern tatsächlich mitgenannt werden. Also ist gendern für mich wichtig. Auch die Sprache ist ein Signal. Ich führe dazu viele Diskussionen auch im Hinblick auf Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen. Wenn wir alle Menschen einbeziehen wollen, dann ist eine Veränderung unserer Sprache notwendig. Natürlich klingt einiges ungewohnt, aber ist es deshalb falsch? Wenn sich auch nur eine Person von mir wünscht, dass ich sie auf neue Weise anspreche, warum sollte ich ihr das verwehren, bin ich doch der Ansicht, dass wir Menschen näher zueinander finden müssen, statt immer wieder zu trennen. Am liebsten wäre mir deshalb, wir würden einheitliche Worte für alle Menschen finden, das ist dann kein gendern mehr sondern inklusive Sprache, die uns aktuell wahrscheinlich teilweise schwer über die Lippen geht, die unseren Urenkel:innen aber sicherlich ganz normal vorkommen wird.
Welchen Berufswunsch hatten Sie als Kind?
Ich wollte Schauspielerin werden und am allerliebsten in Musicals auftreten. Singen und Tanzen waren schon immer mein Ding. Als Jugendliche habe ich alle Tanzfilme geschaut und dann geübt. Wenn ich tanze, vergesse ich alles um mich herum. Das ist auch heute noch so, nur gibt es nicht mehr so oft die Gelegenheit. Aber ich singe nach wie vor sehr viel und sehr oft.
Sandra Richter
Sandra Richter Coaching
https://sandra-richter.com/
Sandra Richter ist Expertin für New Work und New Learning und kreiert in diesem Zusammenhang interaktive und verbindende Workshops und BarCamps für kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch für Öffentliche Verwaltungen und Bildungseinrichtungen. Als Teamcoachin begleitet sie Menschen in Unternehmen auf ihrem Weg zu besserer und freudvollerer Zusammenarbeit. Es geht hierbei um Mitgestaltungsmöglichkeiten, Lern- und Fehlerkultur und wertschätzende Kommunikation für ein gutes Miteinander. Mit Partner:innen gestaltet sie darüber hinaus fröhliche öffentliche virtuelle Lern- und Austauschformate