Sonja Stockhausen

Sonja Stockhausen

Themen

Unternehmertum
28.09.2023

Sonja Stockhausen

Die Gesellschafterin & Geschäftsführerin der GEWI GmbH & Co. KG im Interview für die Initiative „Starke Frauen – Starker Mittelstand“.

Wie sind Sie dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?

GEWI hat mein Vater 1984 gegründet. Ich hatte ursprünglich nicht vor, hier mit einzusteigen. Mein erster Job nach dem Studium lag mir allerdings gar nicht und da habe ich einen „Zwischenstopp“ in der Firma meines Vaters einlegen wollen. Es hat mir dann so viel Freude gemacht, dass ich entgegen meiner Planung, aber aus tiefster Überzeugung, geblieben bin. Ich war allerdings lange unsicher, ob ich die Verantwortung für ein Unternehmen tragen möchte. Mein Vater und ich haben die Firma daher mehrere Jahre gemeinsam geführt und uns viel Zeit mit dem Übergabeprozess gelassen.

Was waren die größten Herausforderungen, die Ihnen begegnet sind?

Der Übergang von meinem Vater zu mir war sehr herausfordernd für mich. Mein Vater ließ mir immer freie Hand, hat alle Entscheidungen von mir mitgetragen und mich umfassend unterstützt – und er verließ seinen Posten, als ich ihn darum bat, was nicht selbstverständlich ist. Allerdings kommen viele unserer Kunden aus „traditionsreichen“ Branchen und mit einer jungen Frau tat man sich teilweise schwer. Die Tipps meines Vaters entstammten „seinem“ Erfolgsrezept, das bei mir nicht so recht zündete. Erst als ich mich durch den Aufbau eines eigenen Netzwerks freistrampeln konnte und den Mut hatte, ganz andere Wege zu gehen als er es getan hätte, stellte ich fest, dass es nichts Großartigeres als die Selbstständigkeit gibt.

Welche Informationen/Unterstützung hätte Ihnen zu Beginn oder vor Ihrer Selbständigkeit geholfen?

Ich habe vieles mühsam lernen müssen, was auch teilweise zu Lasten von tollen Mitarbeitern und Kunden ging. Eine Mentorin, außerhalb der Familie, die „Klartext“ mit mir spricht und meine Arbeitsweise kritisch hinterfragt, wäre aus heutiger Sicht sicherlich sehr hilfreich gewesen.

Welche Themen sind für Ihr Unternehmen besonders wichtig?

GEWI ist eine bundesweite Fördermittelberatung und Innovationsagentur – wir unterstützen kleine, mittlere und große Unternehmen dabei, Zuschüsse einzuwerben und technisch anspruchsvolle Projekt erfolgreich auf den Weg zu bringen. Hierbei stehen meist die Themen Energie- und Ressourceneffizienz sowie Produkt-/Prozessentwicklung im Vordergrund, es handelt sich meist um strategisch und wettbewerbsentscheidende Projekte. Daher ist es uns besonders wichtig, nur das zu empfehlen, was wir selber auch tun würden. Fördermittel verstehen wir als Mittel zum Zweck, neben den unbestreitbaren Vorteilen sehen wir auch die Schattenseiten und diskutieren dies offen mit unseren Kunden. Letztlich möchten wir die Themen voranbringen, daher stehen immer die Projekte und die Ziele des Unternehmens im Fokus.

Warum ist ein starkes Netzwerk für Unternehmer:innen so wichtig?

Wer denkt, er kann alles alleine abdecken, hat schon verloren. Es ist wichtig, Unternehmen und Menschen zu kennen, die die eigenen Kompetenzen und Erfahrungen sinnvoll ergänzen – das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Zudem ist ein konsequentes Empfehlungsmanagement das erfolgreichste Vertriebsinstrument und auf lange Sicht unverzichtbar.

Welche Angebote des BVMW nutzen Sie regelmäßig?

Ich bin stellvertretende Leiterin des Beratungsnetzwerks des BVMW und leite innerhalb des Netzwerks das „Kompetenzforum Fördermittel und Energieeffizienz“. Ich schätze den offenen und vertrauensvollen Austausch mit den Beratungskollegen sehr. Es ist bemerkenswert, dass wir sowohl freundschaftlich zusammenarbeiten und zugleich im direkten Wettbewerb beim Kunden stehen – ohne ein hohes Maß an Respekt, Fairness und Vertrauen untereinander klappt dies nicht. Daneben engagiere ich mich in Kommissionen und nutze sowohl die BVMW-Veranstaltungen als auch die Webimpulse zur Weiterbildung und zum Netzwerken.

Welche Unterstützung wünschen Sie sich vom BVMW? Wie kann der BVMW Sie im Unternehmensalltag unterstützen?

Am wichtigsten ist mir eine klare Vertretung des Mittelstands in der Politik, denn die Bundesregierung scheint die Bedeutung der mittelständischen Wirtschaft zwischenzeitlich zu vergessen. Der BVMW ist hier bereits sehr gut aufgestellt, aber gelegentlich wünsche ich mir klarere Worte und ein noch besser abgestimmtes Vorgehen innerhalb der Verbandsstrukturen.

Wie bereiten Sie sich auf einen wichtigen Termin vor?

Eine gute Terminvorbereitung wird vielfach unterschätzt. Bei jedem Termin informiere ich mich vorher über meine Ansprechpartner und das Unternehmen – ist die Branche eher „hands-on“ oder konservativ, ist mein Ansprechpartner kaufmännisch oder technisch geprägt, ist es ein werteorientiertes Familienunternehmen oder ein börsennotierter Konzern? Bei unseren Konzernkunden habe ich oft mit Profieinkäufern zu tun, die in puncto Verhandlungstaktik bestens geschult sind. In diesen Fällen erarbeite ich mir vorher eine Argumentationsstruktur und lege mögliche Spielräume und „rote Linien“ fest. Wenn sich das Gespräch dann dennoch in eine überraschende Richtung entwickelt, bitte ich um Bedenkzeit. Spontane Entscheidungen sind oft nicht die besten und manchmal braucht es einen Schritt zurück, um zwei nach vorne zu machen. Das ist mühsam, aber es lohnt sich.

Womit schaffen Sie in Ihrer Freizeit einen Ausgleich zu Ihrem Arbeitsalltag? (Work-Life-Balance)

Ich arbeite gerne und viel, bin aber kein Workaholic und nehme mir daher genug Zeit für die Familie und Freizeit. Seit meine Kinder im Teenageralter sind, gehe ich wieder diversen Hobbies nach – wandern mit meinem Mann, Brettspiele mit Freunden, Konzerte besuchen und lesen.

Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich mit der Erfahrung von heute mitgeben?

Frauen haben oft den Anspruch an sich, sich beweisen zu müssen und alles alleine stemmen zu können. Das ist ein Irrtum, starke Netzwerke und wertvolle Kontakte sind essentiell wichtig. Daher: Pflegt eure Kontakte aus Schul- und Studienzeit, erweitert dies um berufliche Netzwerke, engagiert euch in Verbänden wie dem BVMW, in der Politik, in der Schule eurer Kinder, in sozialen Einrichtungen, im Karnevalsverein. Das macht nicht nur Spaß und sorgt für gesunden Ausgleich, sondern man kennt immer wen, der wen kennt, der wen kennt. Das ist das Lebenselixier einer langfristig erfolgreichen Arbeit.

Was wird Ihr nächstes Projekt?

Aktuell beschäftigen wir uns im Team damit, wie sich unsere Prozesse und unser Dienstleistungsspektrum durch den Einsatz generativer KI verändern kann und wie GEWI hiervon langfristig profitieren kann. Es ist eine große Herausforderung, diese zukunftsweisenden Fragen in einem kleinen Team aktiv anzugehen, ohne dass das Tagesgeschäft tangiert wird.

Gibt es eine Frage, die Sie gern einem Politiker oder einer Politikerin stellen würden?

Warum gibt es in unserer sehr lebhaften Förderlandschaft keine Förderprogramme, die Gründungen effizient unterstützen? Die bestehenden Zuschussprogramme adressieren ausnahmslos Hochschulabsolventen mit einer HighTec-Innovationsidee. Was ist mit soliden Gründungsideen jenseits der Forschungslandschaft? Wo sind die Programme, die Menschen dabei unterstützen, die Nachfolge bei einem erfolgreichen Bestandsunternehmen anzutreten? Warum gibt es kein wirksames Programm, das Frauen durch geeignete Instrumente Mut zur Gründung zuspricht? Nie war das Umfeld für Gründungen schwieriger als heute, nie war es wichtiger für unser Land, nie gab es mehr Unternehmen die wegen fehlender Nachfolger schließen – warum greift die Politik dies nicht endlich auf?

Was haben Sie von Ihrem Team gelernt?

Dass man Kritik am besten mit Selbstreflektion begegnet und versucht, daran zu wachsen, gerade als Vorgesetzter. Dass eine erfolgreiche Firma in erster Linie engagierte, kompetente Mitarbeiter braucht, die gemeinsam an einem Strang ziehen, Ideen einbringen und für die Projekte „brennen“ – und, dass man hart dafür arbeiten muss, um ein derartiges Team zu finden und dann auch zu halten. Ich bin stolz darauf, ein so tolles Team zu haben.

Infos zur Person

Sonja Stockhausen

Infos zum Unternehmen

GEWI GmbH & Co. KG
www.gewi.de

  • Gründung: 1984
  • Branche: Fördermittel- und Innovationsberatung
  • Firmensitz: Hilden bei Düsseldorf, Nordrhein-Westfalen
  • Mitarbeitende: 10
  • Mitgliedschaft in BVMW-Gremien:

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